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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 11.05.2004 06:00

Mittelschülerinnen-Tage 2004
Frauen: Traut euch!

Maschineningenieur – ein typischer Männerberuf. Mit diesem und anderen Klischees räumen die Veranstaltungen der 9. Mittelschülerinnen-Tage gründlich auf. Von Dienstag bis Donnerstag vergangener Woche kamen rund 300 junge Frauen aus der Deutschschweiz an die ETH. Vorwiegend Studentinnen und Doktorandinnen führten sie in die Welt der ETH ein.

Von Gabriele Aebli

Haben wir nicht alle noch irgendwo dieses Bild gespeichert? Ein Maschineningenieur zieht mit einem grossen, klobigen Schraubenschlüssel überdimensionale Muttern einer riesigen Maschine fest. Dieses Bild ist natürlich hoffnungslos veraltet. Welche Berufsbilder hingegen zeitgemäss sind, erfuhren die rund 300 Mittelschülerinnen vergangene Woche. Sie kamen, „beschnupperten“ die ETH und informierten sich über ausgewählte Studienrichtungen. Renner sind nach wie vor die Umweltnaturwissenschaften, die Bewegungswissenschaften und Sport sowie die Pharmazeutischen Wissenschaften. Dagegen scheinen die Ingenieurwissenschaften bei Frauen immer noch ein Schattendasein zu fristen. Für die Departemente Elektrotechnik und Informationstechnologie (D-ITET) und Maschinenbau und Verfahrenstechnik (D-MAVT) interessierten sich anscheinend nur halb so viele wie letztes Jahr.

Dass die Studienrichtungen im D-MAVT heute nichts mehr mit körperlicher Schwerarbeit zu tun haben, zeigte Christoph Teichler, Maschineningenieurstudent im 8. Semester, am Dienstagmorgen im Kuppelraum des ETH-Hauptgebäudes. Staunend nahmen die acht Interessentinnen zur Kenntnis, wie vielfältig dieses Studium ist: Mikro- und Nanotechnologie, Virtual Reality, Biomechanik sind nur einige der möglichen Ausbildungsrichtungen im D-MAVT. Dass zudem der Arbeitsmarkt sehr international ist, kommt vielen Mittelschülerinnen entgegen. Nicht wenige äusserten im Gespräch den Wunsch, später einmal im Ausland zu arbeiten. Christoph Teichler schloss seine Präsentation aufmunternd: „Frauen: Traut euch!“

„Hahn im Korb“

Eveline Zumstein wird es wagen. Die 17jährige St.Gallerin interessiert sich für die Studienrichtung Maschinenbau und Verfahrenstechnik – trotz Männerumfeld. „Nein, ich möchte meine Berufswahl nicht davon abhängig machen, wie viele Frauen es in einer Studienrichtung gibt.“ Gleichwohl: „Bei so wenig Frauen fühle ich mich schon ein bisschen verloren. Doch – vielleicht bin ich dann auch Hahn im Korb.“ Ein kleines Lächeln spielt um den Mund der jungen Frau in modischer Jeansjacke, Turnschuhen und einer Fülle blond-brauner Locken. „Ja“, schliesst Eveline nachdenklich, „Maschinenbau wäre ein gutes Studium. Es ist sehr vielseitig und man lernt, wie man Probleme angeht, auch für das richtige Leben.“.

„Ich mache, was mich interessiert!“

In der Elektrotechnik und Informationstechnologie ist der Frauenanteil noch kleiner als im D-MAVT. Und auch an den Mittelschülerinnen-Tagen interessierten sich nur 16 junge Frauen für diese Studienrichtung. Doch Susanne D’Arcy, Kommunikationsbeauftragte des D-ITET, zeigt keine Spur von Resignation. Sie wird weiterhin dafür arbeiten, Frauen für ihre Studienrichtung zu begeistern. Martina Walter aus Schaffhausen hat sich schon entschieden: Die 17jährige ist entschlossen, die Welt des ITET zu ihrer eigenen zu machen – Männerwelt hin oder her: „Ich mache, was mich interessiert. Mit wem ist nicht so wichtig.“

Interessant ist dieses Studium alleweil. Conny Schmidt, Doktorandin am D-ITET, fasziniert ihre Besucherinnen mit einem kleinen Experiment beim Magnetresonanztomographen am Unispital Zürich: Mit einer kleinen Zange, die an einer Schnur baumelt, nähern sich die Mittelschülerinnen eine nach der anderen dem Tomographen. Knapp ein Meter vor der Röhre hebt sich die Zange, wie von Geisterhand. Noch ein Schritt näher und sie fliegt schnurstracks in die Röhre. Dorthin, wo das Magnetfeld des Tomographen am grössten ist. Später erklärt Conny Schmidt, wie das Gerät funktioniert und welche bildgebenden Verfahren in der modernen Medizin angewandt werden. Das D-ITET entwickelt entsprechende Methoden für die medizinische Praxis.

Noch zeitgerecht?

„Die Mittelschülerinnen-Tage bieten einen geschützten Rahmen. Ohne die Angst von ihren Schulkameraden ausgelacht zu werden, getrauen sich die jungen Frauen eher, Fragen zu stellen.“, erklärt Antoinette Bertini vom Rektorat die Idee der Mittelschülerinnen-Tage.


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Kleines Experiment am Magnetresonanztomographen des Zürcher Unispitals: Die Zange fliegt in die Röhre. Mittelschülerinnen-Tage 2004 gross

Was aber meinen die Betroffenen selbst? Eine kleine Umfrage von „ETH-Life“ ergibt: Die allermeisten würden auch kommen, wenn die Veranstaltung gemischt wäre. Pointiert äussert sich Mittelschülerin Walter: „Frauenfragen sind mir gleich. Ich nutze einfach die Chance hierher zu kommen.“ Brigitte Manz-Brunner von der Stelle für Chancengleichheit, Equal! (1), stellt sich entsprechend die Frage, ob die Mittelschülerinnen-Tage noch zeitgerecht seien, und sinniert: „Würden eventuell mehr Frauen kommen, wenn es an den gemischten Maturandentagen spezifische Frauenangebote gäbe?“

Die Mittelschülerinnen-Tage sind nur eine der Aktivitäten mit der die ETH Stundentinnen wirbt: Die Wanderausstellung „ETH-Zürich – wo Welten sich öffnen“ (2)(3) besucht 12 Mittelschulen in 12 Kantonen. Zudem gibt es neu das on-line Mentoring von Equal! (4), ein elektronisches Betreuungssystem von Gymnasiastinnen durch erfahrene Angehörige der ETH-Zürich. Eventuell kann die ETH auch mal nach Russland schauen. Dort hat die Zahl der Ingenieurinnen in den letzten 20 Jahren offenbar stark zugenommen. Warum? Ilija Wasilienko, russischer Betreuer der Rybinsker Mittelschüler (siehe Box), erklärt: „Heute wollen viele Männer in Russland „Bisnessmeni“ sein. Darum werden jetzt die Frauen Ingenieure.“


Besuch aus Russland

Heute fliegen zehn russische Mittelschüler aus Rybinsk nach zweiwöchigem Aufenthalt bei ihrem Partnergymnasium, der Kantonsschule Rämibühl in Zürich, wieder in ihre Heimat. Am vergangenen Freitag besuchten sie das Chemiegebäude der ETH-Hönggerberg. Das Feedback der zehn Besucher auf die Führung ist allerdings zurückhaltend: „Really good“, „Very good“. Simon Brunner, einer der begleitenden Schweizer Gymnasiasten, klärt uns später auf: „Rybinsk ist eine eher arme Stadt, 200 Kilometer nördlich von Moskau. Die Gäste sind sehr beeindruckt vom schweizerischen Lebensstandard. Deshalb scheinen sie eher schüchtern.“ Vor allem die Grösse der Gebäude und ihre Einrichtungen scheinen die Besucher beeindruckt zu haben. Als Rolf Guggenbühl von der Abteilung Corporate Communications bemerkt, dass es allein im Chemiegebäude rund 1600 Hörsaalsitze gibt, geht ein Geraune durch die Reihen: „Unmöglich!“



Was denken sie wohl? Die russischen Mittelschülerinnen im Chemiegebäude der ETH-Hönggerberg. gross


Fussnoten:
(1) Stelle für Chancengleichheit, Equal!: www.equal.ethz.ch
(2) ETH-Zürich - wo Welten sich öffnen: www.equal.ethz.ch/html/veranstaltungen/Wanderausstellung/Wanderausstellung_0.php
(3) Vgl. "ETH Life"-Bericht "Pontifex ETH": www.ethlife.ethz.ch/articles/ausbrigeth.html
(4) on-line mentoring: www.equal.ethz.ch/html/on_line_mentoring_frameset.htm



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