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Rubrik: Tagesberichte |
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Eindrücke von der Ersten Zürcher Hochschulmeisterschaft im Schnellschach. Schach und Matt |
Letzten Dienstagabend fand in der oberen Unimensa die Erste Zürcher Hochschulmeisterschaft im Schnellschach statt. Während fünf Stunden kämpften 64 Uni- und ETH-Angehörige in 224 Schnellschachpartien um den begehrten Siegerpokal. Ein Erlebnisbericht über einen gescheiterten Selbstversuch an der Schachfront. „Schach und Matt!“, triumphierte das Schach-Genie aus Trubschachen, nachdem er mit seiner schwarzen Dame von c5 nach c2 übersetzt und den weissen König in eine auswegslose Situation gebracht hatte. Bei seinem ersten „Blitzschach“ ging alles so schnell, dass sich der Autor nicht einmal die Züge aufzeichnen konnte. 200 Eröffnungsfallen Dabei hatte es doch so gut begonnen: Zur Vorbereitung vertiefte sich der Schreibende in Schachbücher wie „Angriff auf den König“, „200 Eröffnungsfallen“, und „Angriff und Gegenspiel“, sowie in die vorgeschriebenen FIDE-Regeln des Weltschachbundes. (1) Dann kommt das erste Spiel. Weiss startet mit einer „Spanischen Eröffnung“. Schwarz reagiert mit einer Variante des "Spaniers“. Erste Bauernopfer ebnen den Weg für die edleren Figuren in die Schlacht von Weiss gegen Schwarz. Schon bald hat Weiss hinten genügend leergeräumt, um die „Grosse Rochade“ durchzuführen, was gemäss Schachbuch den Gegner verwirren soll. „Springer am Rand - ist ne Schand’“ Doch auf dem Schlachtfeld realisiert Weiss erste Fehlplanungen und erinnert sich an alte Schach-Weisheiten: „Springer am Rand - ist ne Schand’“. Und dann passiert auch schon der entscheidende Patzer: Eine Fehlkalkulation der acht möglichen Angriffsziele des schwarzen Springers, und hopps – schon ist die weisse Dame weg. Aber gnadenlos gilt auch für Hobbyspieler der Grundsatz „berührt-geführt“. Danach geht’s nur noch wenige Züge bis zum bitteren Ende des weissen Königs. (2)
„Ja, ich spiele sonst hauptsächlich im Schachclub“, gesteht der 26-jährige Architektur-Student Simon Thuner dem Hobbyspieler nach der Partie. Doch sei er bei weitem nicht der einzige „Profi“ heute Abend. „Ich habe grad vorhin einige noch stärkere Spieler aus der Nationalliga gesehen“, relativiert Thuner. Einer davon ist der 25-jährige Simon Bohnenblust, Umweltnaturwissenschaftler im 9. Semester und Inhaber von 2'160 ELO-Punkten (siehe Kasten) .1998 war er Schweizer Junioren-Meister und danach gewann er die Dänische Junioren-Meisterschaft und spielt heute in der Nationalliga B. Doch an diesem Abend freut er sich auf ein erholsames Plausch-Turnier, denn es habe hier viele Hobbyspieler. „Aber ich bin nur die Nummer 2 in diesem Raum“, gesteht Bohnenblust. Die Nummer 1 stehe dort drüben. Spielstärke erkennen Nummer 1 heisst mit bürgerlichem Namen Roland Lötscher, ist 22-jährig, hat momentan 2’336 ELO-Punkte und studiert im siebten Semester Mathematik – natürlich an der ETH. Auch er war schon Schweizer Junioren-Meister – ein Jahr nach Nummer 2, danach Italienischer Junioren-Meister und heute spielt er in der Nationalliga A. Erkennt Lötscher die Spielstärke des Gegners etwa anhand ihrer Nasen, wundert sich der Laie. „Ich kenne eigentlich meistens die aktuelle ELO-Punktzahl der professionelleren Spieler“, antwortet Lötscher. Starke Spieler geben früher auf Zudem sei die ELO-Zahl ein ziemlich guter Gradmesser für den Ausgang einer Schachpartie. Mit einer Differenz von über 300 ELO-Punkten habe man wesentlich schlechtere Chancen, ein Spiel zu gewinnen. Da könne man sich das Turnier ja sparen und gleich aufgeben, wenn man gegen ihn antrete, bemerkt der Laie. Aufgeben sei nicht nur negativ zu bewerten, entgegnet der Grossmeister und ergänzt fast schon philosophisch: „Der starke Spieler zeigt sich nicht nur durch gute Züge, sondern auch durch den (frühzeitigen) Zeitpunkt des Aufgebens.“
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Engpass an Brettern und Figuren An der ersten Zürcher Hochschulmeisterschaft im Schnellschach scheinen sich viele bereits von früheren Turnieren zu kennen und begrüssen sich zu Beginn der Veranstaltung wie alte Bekannte. Die Studierendenvereinigungen VSETH und StuRa haben zusammen mit dem Schach-Club Reti in der oberen Unimensa 64 Schachturnier-Plätze eingerichtet – entsprechend der Anzahl Felder auf einem Schachbrett. Doch statt den angemeldeten 40 kommen am Abend plötzlich doppelt so viele Teilnehmer, was zu einem Engpass an Brettern und Figuren führt.
Die Gegner werden nach dem so genannten „Schweizer System“ von den Organisatoren vor jeder Runde neu mittels eines Laptops zufällig berechnet. „Dabei liegt die Herausforderung für die Schachspieler darin, dass man umso stärkere Gegner bekommt, je mehr Spiele man gewinnt“, erklärt Simon Thuner. Zudem ergibt sich gegenüber einem K.O.-System wie etwa bei einem Tennisturnier der grosse Vorteil, dass Hobby-Spieler nicht gleich ausscheiden, sondern auch bis 23 Uhr ihre sieben Runden durchspielen können. Mehr als Mathematik und Logik „Drei Viertel der Teilnehmer kommen von der ETH“, erklären die Organisatoren Mikael Portmann und Elias Bürli vom VSETH. Abgesehen von zwei Frauen ist das Schachturnier fest in Männerhand. Warum wohl? Vielleicht liege es ja am strategischen Denken, das bei Männern und an der ETH beliebter sei, mutmasst einer der Organisatoren. Dem widerspricht Simon Bohnenblust, die Nummer 2: „Schachspielen ist ein kreativer Vorgang – mehr als Mathematik und Logik.“ Und auch Adrienne Fiechtner, eine der beiden Teilnehmerinnen, vermutet: „Vielen Frauen fehlt einfach der Mut, an einem Turnier teilzunehmen.“ Match-Verlust wegen Handy-Geklingel Während der Spiele herrscht totale Konzentration und Grabesstille. Man hört lediglich das Ziehen und Schieben der Schachfiguren und im Endkampf einer langen Schlacht das Hauen auf die Schachuhren im Sekundentakt. Keine Kommentare, keine Diskussionen, kein Handy-Gedudel. „Wenn Dein Handy klingelt, hast Du die Partie verloren“, informiert ein Profi über die neuen Regeln seines Schachclubs.
Könige des Brettes Nach 23 Uhr ist es endlich soweit. Nach sieben Runden 15-minütigem Schnellschach und 224 gespielten Partien steht der erste Zürcher Hochschulmeister im Schnellschach fest. Es ist – wie erwartet – die Nummer 1 nach ELO-Punkten: Roland Lötscher. Die 100 Franken Preisgeld investiert er natürlich in Schachbücher. Danach folgt – ebenfalls keine grosse Überraschung - Simon Bohnenblust als Nummer 2, punktgleich mit dem Mathematik-Studenten Panagiotis Adamantidis (siehe Foto des Siegerpodestes mit den drei ETH-Studenten). Die komplette Rangliste findet sich unter (5).
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Fussnoten:
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