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Rubrik: Tagesberichte |
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Mobiles Funknetz im Pendelbus zwischen Zentrum und Hönggerberg. Surfen im ETH-Bus |
Seit heute und noch bis Ende Sommersemester können ETH-Angehörige während der Busfahrt zwischen Zentrum und ETH Hönggerberg im Internet surfen. Möglich macht dies ein mobiles Funknetz, das zwei ETH-Studenten in einer Semesterarbeit entwickelten. Für den praktischen Einsatz im Pendelbus sorgten „ETH World“ und die Projektpartner VBZ und Sunrise. Gemäss den Einführungs-Referaten erfolgte mit dem Start des Funknetzes im Pendelbus ein „symbolischer Brückenschlag“ zwischen den beiden ETH-Standorten im Sinne eines virtuellen Campus. Der praktische Nutzen hingegen blieb während der gestrigen „Medien-Testfahrt“ noch begrenzt: Auf der Bergfahrt Richtung ETH Hönggerberg war die neue Brücke noch nicht begehbar, anscheinend wegen Problemen beim Tunnel-Aufbau. Auf der Talfahrt zurück ins ETH-Zentrum konnte der Autor immerhin eine halbe Webseite runterladen. Doch was zählt ist nicht der unmittelbare Nutzen, sondern der „Proof of concept“. Und der hat geklappt!
Von der Steckdose bis zum ETH-Bus Der Prototyp des mobilen Funknetzes basiert auf einer studentischen Semesterarbeit. Die beiden Elektrotechnik-Absolventen Daniel Grob (27) und Nicolas Cedraschi (28) entwickelten während ihres ETH-Studiums am Institut für Technische Informatik und Kommunikation (TIK) einen Funknetz-Zugang, der möglichst stabil gegenüber mechanischen Störungen funktionieren sollte. (1) Die Idee der praktischen Erprobung im ETH-Pendelbus „lag damals schon in der Luft“, so der TIK-Professor und „ETH World“-Leiter Bernhard Plattner. „Doch von der Steckdose bis zur heutigen Platzierung im Pendelbus war es noch ein langer Weg“, erklärt Cedraschi, der heute bei der SBB arbeitet, die ein ähnliches Projekt in den Schweizer Zügen plant.
Nicht schneller als ein Analog-Modem “Leider ist die Übertragung etwa so langsam wie ein analoges Modem”, bemängeln die Entwickler den momentanen Engpass. Und diese Bandbreite müssen sich die Bus-Surfer dann auch noch untereinander teilen. Die gestern getestete Geschwindigkeit im Pendelbus war denn auch tatsächlich noch bescheiden. Auch Plattner wies in seinem Einführungs-Referat darauf hin: “Zwischen dem Bus und dem Internet haben wir heute leider erst eine bescheidene Übertragungsrate von 48 kBit/s”. Doch mit Zukunftstechnologien wie Edge oder UMTS werde sich die Übertragungsrate wesentlich verbessern. Eine Umrüstung erfordert lediglich das Auswechseln einer Karte.
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Mahnung zu vernünftigem Surfen Doch das Ziel des Versuchs ist nicht eine teure Breitband-Abdeckung, wie sie etwa durch eine Aneinanderreihung von Funknetz-Antennen bis auf den Hönggerberg für viel Geld hätte installiert werden können. Primär gehe es darum, den mobilen Netzzugriff auf das ETH-Funknetz im Pendelbus zu testen und die Bedürfnisse der Surfer kennen zu lernen (siehe Kasten). Zudem ermahnte Projektleiter Plattner die Studierenden, mit der knappen Bandbreite sparsam umzugehen: „Wir bauen darauf, dass sich die Nutzer vernünftig verhalten und beim Lesen von E-Mails beispielsweise nur die Headers und nicht gleich die ganzen Mails mit grossen Anhängen runterladen.“ Doch auch wenn man in der Startphase oder im leeren Bus als einziger die ganze Bandbreite belegen kann: Das Surfen und Mail-Lesen im tüchtig wackelnden Bus ohne Tisch und Maus ist auch rein mechanisch eine Herausforderung: “Die Strasse auf den Hönggerberg ist in einem schlechten Zustand, darum hat’s auch so stark geschüttelt, obwohl ich nur mit 40 gefahren bin, statt wie üblich mit 50 oder 60“, entschuldigt der Busfahrer die rucklige Fahrt, insbesondere zwischen Bucheggplatz und ETH Hönggerberg. Auch der finanzielle Aspekt ist für einen Dauerbetrieb nicht zu vernachlässigen. Nach Berechnungen von „ETH Life“ belaufen sich allein die Kosten für die Datenübertragung in der 14-wöchigen Testphase des Sommersemesters während fünf Tagen pro Woche und täglich 17 Fahrten von rund 16 Minuten Dauer bei anzunehmender Maximalauslastung der verfügbaren Bandbreite auf rund 38'000 Franken. Doch bei erfolgreichem Abschluss der Pilotphase würde in einem allfälligen Dauerbetrieb zur Senkung der Übertragungskosten wieder mit einem Sponsor aus der Telecom-Branche zusammengearbeitet. Sunrise sieht funkende Zukunft An der Einführungsveranstaltung prognostizierte der Vertreter von Telecom-Projektpartner Sunrise eine funkende Zukunft. Nicht nur wie heute an wenigen „Hotspots“, sondern in allen grösseren Städten, in Flugzeug, Zug und Auto werde man zukünftig mit dem Internet verbunden bleiben. „Dabei wird der Netzanbieter der Zukunft dem Endkunden jederzeit die schnellste Technologie anbieten.“ In wenigen Jahren schon werde es völlig normal sein, dass man jederzeit und überall Anschluss ans Internet habe. Proof of concept Fazit der gestrigen Testfahrt: “Es klappt!” Ob das mobile Funknetz den Hönggerberg-Pendlern auch von Nutzen ist, wird die heute gestartete Testphase weisen. Der Schlusskommentar von Projektleiter Plattner jedenfalls tönt pragmatisch: „Bis zur Videokonferenz im ETH-Pendelbus ist es wohl noch ein weiter Weg.“
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Literaturhinweise:
Fussnoten:
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