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Die ETH zieht Rollbrettfahrer an - mit unerfreulichen Nebenwirkungen Skater malträtieren ETH-Granit |
Der glatte Granitboden der ETH erfreut auch die Rollbrett-Fahrer. Halsbrecherische Skateboard-Sprünge führen aber nicht nur zu Anerkennung in der Szene, sondern auch zu Lärmklagen und Sachbeschädigungen. Trotz Einsicht zeichnet sich kurzfristig keine Lösung der Problematik ab. "Die ETH hat einen voll geilen Boden!", antwortet der 15-jährige Skater Igor auf die Frage, warum er mit seinem Rollbrett ausgerechnet an der ETH rumkurvt. Besonders zwischen dem Hauptgebäude und der Tramstation gebe es viele "Specials" für Skateboard-Kunststücke: Eine Dreier-Treppe, zwei Sechser-Treppen, Bänkli sowie ein ideales Mürli zum "Grinden" [vom Englischen "to grind" = schleifen]. "Voll easy!", ist denn auch Igors Gesamturteil über die "Skate-Infrastruktur" rund ums ETH-Hauptgebäude und auf der neuen Piazza auf dem Hönggerberg.
Prügel für den Hausdienst Weniger begeistert zeigt sich hingegen Beat Müller, der Sicherheits-Chef der ETH. Spezielle Sorgen bereitet Müller das von Skater Igor hochgelobte "Grind"-Mürli (siehe Bild oben): "Um besser schleifen zu können, wachsen die Skater den ganzen Granit ein." Der Wachs sei fast nicht mehr wegzukriegen. Die Leidensgeschichte begann bereits 1995 mit ersten Lärmklagen. Es folgten Sachbeschädigungen und Gewalttätigkeiten, bei denen Skater gar mit ihren Rollbrettern auf einen Mann vom Hausdienst einschlugen. Schliesslich wurde ein Amtsverbot erlassen und Rollbrett-Verbotsschilder montiert. Gemäss diesen ist skateboarden rund ums Hauptgebäude seit Sommer 1995 verboten und wird mit einer Polizeibusse bis zu 200 Franken bestraft (siehe Bild).
Auf frischer Tat ertappt "Dazu kommen noch Gerichtskosten von rund 500 Franken", betont Müller und ergänzt: "Zusätzlich können die Kosten für Sachbeschädigungen mehrere Tausend Franken betragen." Allerdings sind diese schwierig nachzuweisen, da man Skater quasi "auf frischer Tat" ertappen muss. Gesagt - getan: Während Sicherheits-Chef Müller dem Autor auf der linken Seite des Vorplatzes die Repressionsmassnahmen erklärt, brettert auf der rechten Seite ein zirka 12-jähriger Skater ungeniert über das malträtierte Granit-Mäuerchen. Müller hält inne, schaut den Sprüngen eine Minute zu und steckt dann zwei Finger in den Mund, um mit einem schrillen Pfiff auf sich aufmerksam zu machen. Der junge Skater zuckt zusammen, schaut sich um, erkennt den streng dreinblickenden Sicherheits-Chef und sucht schnell das Weite.
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Fehlende Freiräume "Es ist mir schon klar, dass die Jungen sich austoben wollen und es in der Stadt dafür zuwenig Möglichkeiten gibt", seufzt Beat Müller. An der ETH habe man sich sogar überlegt, ob den Skatern bei der Sporthalle Hönggerberg ein eigenes Areal mit Rampen und Treppen zur Verfügung gestellt werden soll. Doch der Plan wurde rasch wieder fallen gelassen. "Denn das hätte die Skater erst recht an die ETH gelockt", befürchtet Müller. Neben der potentiellen Sogwirkung verhinderte vor allem die drohende Unfall-Haftung eine spezielle Skater-Zone. Kein Kerngeschäft Aufgrund der Gesetzeslage betreffend Haftung ist es wenig verwunderlich, dass die ETH - wie die meisten andern Grundbesitzer auch - den Trendsport lieber generell verbietet, statt Alternativen zu schaffen. Dass durch Verbote das Problem der fehlenden Freiräume nicht aus der Welt geschafft ist, leuchtet auch dem Sicherheits-Chef ein. Doch: "Skaten gehört nun mal nicht zum Kerngeschäft der ETH." Für die soziokulturelle Animation sei die Stadt zuständig, nicht die ETH. Härtere Gangart Bei Sachbeschädigungen, insbesondere an den neuen Bauten auf dem Hönggerberg wird Sicherheits-Chef Müller zukünftig mit harter Hand durchgreifen. "Auch der Skater auf dem Bild (oben rechts) ist bei uns registriert, weil er mit dem abgebildeten Sprung den Übersichtsplan Hönggerberg zerkratzt." Kratzer im Schutzlack fördern die Oxidation und somit den Rost. Für den Sprung auf den genau einen Meter hohen Übersichtsplan verwendete der Skater anscheinend eine selbstgebastelte Rampe - zusammengezimmert aus geklauten Baumaterialien der dritten Ausbauetappe. Verschnaufpause für Granitboden? Skater Igor zeigt sich ob den drohenden Repressalien wenig beeindruckt: "Ich werde weiterhin auf der Hönggerberg-Piazza skaten, denn dort stört das auch niemanden." Im Gegensatz zum Hauptgebäude. "Hier haben sie immer grad was zu reklamieren, aber das ist mir egal." Er werde die ETH trotzdem weiterempfehlen. Zwar seien vier seiner Freunde mal von der Polizei erwischt und zu je 50 Franken Busse verknurrt worden, obwohl sie nur auf dem Skateboard "sitzend" erwischt wurden. Er hingegen habe bisher immer noch schnell genug abhauen können. Igor und seine Skater-Kollegen werden an schönen Nachmittagen wohl trotz neuen Verbots-Tafeln auch weiterhin über den ETH-Granit brettern. Doch schon in wenigen Monaten wird sich der malträtierte Granitboden wohl eine Verschnaufpause gönnen können: Dank einer schützenden Schneedecke. |
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