ETH Life - wissen was laeuft

Die tägliche Web-Zeitung der ETH Zürich - in English

ETH Life - wissen was laeuft ETH Life - wissen was laeuft
ETH Life - wissen was laeuft
Home

ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Campus Life
Print-Version Drucken
Publiziert: 11.09.2002 06:00

ETH-Professor vor Bezirksgericht freigesprochen
Vom Vorwurf des Rassismus entlastet

Gestern Dienstag wurde Thomas Stricker (39), ETH-Assistenzprofessor für Informatik, vom Bezirksgericht Zürich freigesprochen. Er habe keine rassistischen Inhalte angeboten und für seine Links könne er nicht belangt werden.

Von Jakob Lindenmeyer

Zur Vorgeschichte

Der Grund für das Verfahren war einer von zwei umstrittenen Links auf der Homepage des Professors im ETH-Web. Der Link verwies auf eine antirassistische Webseite im Internet, die dem Betrachter mittels Auszügen und Links auf rassistische Websites vor Augen führte, in welchem Ausmass rassistische und völkerverachtende Hetze im Internet zu finden ist.

Mit dem Beispiel wollte der Professor eine medienrechtliche Diskussion über weltweit verfügbare Inhalte anstossen, die in einem Kulturkreis akzeptabel sind, im andern aber nicht. Anlass dazu war die Vernehmlassung zu den neuen ETH-Richtlinien für Telematik (BOT). Professor Stricker verfasste damals im Auftrag des Departements Informatik und der Dozentenkommission ein Positionspapier ("ETH Life" berichtete (1)).

Keine rassistischen Inhalte

Der Gerichtssaal war mit zwei Dutzend Zuhörern gut gefüllt. Neben Studenten des Professors wohnten auch viele Medienvertreter dem Prozess bei. (2). Nach gut zweistündiger Hauptverhandlung und einer längeren Mittagspause verkündete die Einzelrichterin gestern nachmittag das Urteil: "Der Angeklagte ist nicht schuldig und wird freigesprochen. Dem Angeklagten wird eine Prozessentschädigung von 17'216 Franken sowie eine Genugtuung von 30'000 Franken aus der Gerichtskasse zugesprochen."

In der mündlich dargelegten Urteilsbegründung verneinte das Gericht die Förderung einer rassistischen Propagandaaktion, da auf eine Webseite zur Bekämpfung von Rassismus verwiesen wurde. Das Urteil anerkannte auch den von der Verteidigung dargelegten Grundrechtskonflikt zwischen dem Recht auf Schutz vor der Verbreitung rassistischer Hetze und dem Recht auf Lehr- und Forschungsfreiheit eines Professors.

Die Einzelrichterin verteilte nach der Urteilsverkündung eine 14-seitige Schrift mit juristischen Definitionen von Internetbegriffen, die von einer sorgfältigen Analyse des Falles und technischem Verständnis zeugte. Trotzdem vermutet die Einzelrichterin, dass ihr Entscheid von der Staatsanwaltschaft weitergezogen werde, da er grundlegend und relativ neu sei für die Schweiz (3).


Vom Vorwurf des Rassismus entlastet: ETH-Professor Thomas Stricker. gross


Streiterledigung durch Vergleich

Am Vortag zum vorgängig beschriebenen Strafprozess veröffentlichte die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in ihrem Lokalteil auf Seite 38 eine Erklärung als Resultat eines Vergleichs mit Professor Stricker in einem Ehrverletzungsverfahren. Leicht verkürzt lautete die Erklärung:

"In der NZZ vom 23. Februar 2000 ist im Zusammenhang mit einer an der ETH geführten Kontroverse über Zulässigkeit und Unzulässigkeit von Links im Internet (...) berichtet worden, gegen Thomas M. Stricker sei (...) ein Strafverfahren wegen Verletzung der Antirassismus Strafnorm eingeleitet worden. Dies hat in der Folge wegen der Nennung seines Namen und wegen vorausgehender Nachfragen des Verfassers des Artikels bei der Staatsanwaltschaft zu einem Ehrverletzungsprozess (...) geführt. Die Parteien haben sich nunmehr vergleichsweise geeinigt.

Der Verfasser (des Artikels) (...) nimmt zur Kenntnis, dass Professor Stricker keine rassistischen Motive, sondern rein wissenschaftliche Beweggründe für seine Verweise im Internet hatte. Sollte Professor Stricker in Folgepublikationen in Presse und Fernsehen als mutmasslicher Rassist dargestellt worden sein, so würde dies vom Verfasser des Artikels bedauert.

Im Rahmen der Vergleichslösung hat Prof. Stricker die Strafanträge zurückgezogen. Ferner haben die Parteien je die Hälfte der Gerichtskosten übernommen und gegenseitig auf Prozessentschädigung verzichtet."




Fussnoten:
(1) "ETH Life"-Bericht "Assistenzprofessor angeklagt" vom 16. März 2001:www.ethlife.ethz.ch/articles/AnklagegegenAProfes.html
(2) Die Berichterstattung in den lokalen Medien ist zusammengefasst in der Rubrik "ETH in den Medien", unten rechts auf der Frontseite von "ETH Life" unter www.ethlife.ethz.ch
(3) Über die Details des Gerichtsverfahrens und die genaue Urteilsbegründung wird "ETH Life" zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher berichten.



Sie können zu diesem Artikel ein Feedback schreiben oder die bisherigen lesen.




!!! Dieses Dokument stammt aus dem ETH Web-Archiv und wird nicht mehr gepflegt !!!
!!! This document is stored in the ETH Web archive and is no longer maintained !!!