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Publiziert: 05.10.2005 06:00

Ernst Hafen zur Grünen Gentechnik
Moratorium als Mogelpackung

Die anstehende Gentechfrei-Initiative nahm die Stiftung Gen Suisse gestern Dienstag in Bern zum Anlass, um den Medien ihre Ablehnung zu begründen und allgemein ihre Haltung zur grünen Gentechnik darzulegen. Der designierte ETH-Präsident Ernst Hafen sieht in einem Ja zum Moratorium ein falsches Signal, das die wissenschaftliche Spitzenposition der Schweiz in der Pflanzenbiotechnologie gefährde.

Christoph Meier

Letzte Woche lancierten die Befürworter ihre Kampagne zur Initiative für ein fünfjähriges Gentechnik-Moratorium in der Landwirtschaft, über die Volk und Stände am 27. November abstimmen werden (1)(2) . Die Allianz aus Bauern-, Konsumenten- und Umweltschutzorganisationen will mit ihrem Begehren verbieten, dass gentechnisch veränderte Pflanzen, Pflanzenteile und Saatgut sowie gentechnisch veränderte Tiere eingeführt oder in Verkehr gebracht werden. Gemäss den Initianten verteuert die Gentechnik die Lebensmittel und gefährdet die Biodiversität. Zudem hätten die Konsumenten kein Interesse an Gentech-Produkten.

Am Montag bezog Bundesrat Joseph Deiss Stellung zur Initiative. Für ihn ist sie Gift für die Schweizer Wirtschaft. Das Verbot beschneide unnötig die unternehmerische Freiheit von Landwirten sowie die Wahlfreiheit der Konsumenten. Zudem sende man ein wissenschaftsfeindliches Signal aus, was sich negativ auf Wirtschaftszweige auswirke, die auf Forschung angewiesen sind.

Falsches Signal schreckt Studierende noch mehr ab

Im negativen Signal für die Wissenschaft bei einem Ja zum Moratorium erkennt auch Ernst Hafen, designierter ETH-Präsident, das grösste Problem. An einer Medienkonferenz am Dienstag in Bern, die von der Stiftung Gen Suisse durchgeführt wurde (3), wies Hafen darauf hin, dass die Schweiz als rohstoffarmes Land auf erstklassige Grundlagenforschung angewiesen sei. Diese reagiere aber empfindlich auf ihr Umfeld. Die Schweiz betreibe in der Pflanzenbiotechnologie immer noch Spitzenforschung, doch wenn aufgrund restriktiver Regelungen gewisse Wissenschaftler nicht mehr nach Zürich geholt werden könnten, dann habe das signifikante Auswirkungen, da nicht sehr viele Forscher hierzulande in diesem Gebiet tätig seien. Bereits jetzt, so Hafen in der Fragerunde, gebe es an der ETH Zürich keine Studierenden mehr, die sich auf Pflanzenbiotechnologie spezialisierten. Dies steht im Gegensatz zu den zahlreichen Interessenten aus dem Ausland, die in diesem Gebiet in Zürich doktorieren wollen.

Das vergiftete gesellschaftliche Umfeld habe auch in Bern bewirkt, dass sich weniger Studierende für Pflanzenbiotechnologie interessieren würden, meinte Klaus Ammann, Direktor des botanischen Gartens in Bern. Der Forscher kann das sinkende Interesse gut nachvollziehen, denn die Motivation für seine eigenen Forschungsprojekte habe auch vor allem darin bestanden, dass eine Anwendung in Sicht gewesen sei.


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Warnt vor falschem Signal bei einem Ja zur Gentechfrei-Initiative: der designierte ETH-Präsident Ernst Hafen. gross

Einen möglichen Einsatz von Gentech-Pflanzen könnte sich der Forscher in der Schweiz bei der Bekämpfung von Kartoffelfäule vorstellen. Denn die natürlichen Resistenzgene seien erkannt, könnten aber über die klassische Züchtung nur mit Tausend anderen, mindestens zum Teil unerwünschten Genen übertragen werden. Das wäre wie „Blinde Kuh spielen“, wohingegen die Gentechnik elegant nur die erwünschten Gene einschleusen könnte.

Ammann vertrat auch die Meinung, dass das Bremsen der Forschungsaktivitäten unethisch sei, da man als entwickeltes Land eine Verantwortung gegenüber den Entwicklungsländern habe und diesen neue Möglichkeiten zur Verfügung stellen müsse. Bedenklich sei in diesem Zusammenhang, dass Organisationen wie Swissaid Falschinformationen verbreiten würden. Beispielsweise stimme es nicht, dass Gentechnik einfach der Bereicherung von Agro-Multis diene. So stammten 85 Prozent der gentechnisch veränderten Kulturpflanzen in Entwicklungsländern aus öffentlichen Institutionen.

ETH-Freisetzungsversuch zeigte wahre Absichten

Grundsätzlich stellen die Vertreter von Gen Suisse die Ehrlichkeit der Initianten in Frage. So machte unter anderen der dritte Vortragende an der Medienkonferenz, CVP-Nationalrat und Landwirt Josef Leu, darauf aufmerksam, dass hinter der neuen Initiative die gleichen Leute stünden wie 1998 hinter der Genschutz-Initiative mit ihren vielen geplanten Verboten. Das Moratorium sei darum eine Mogelpackung oder ein trojanisches Pferd, in dem sich fundamentale Gentechgegner verstecken würden. Deren wahre Gesinnung habe man im Zusammenhang mit dem ETH-Versuch mit gentechnisch verändertem Weizen in Lindau erkennen können. Klaus Ammann versuchte den Vorgehensstil der Gegner mit einem Beispiel aus Deutschland zu illustrieren. Dort habe die zurückgetretene grüne Ministerin Renate Kühnast aufgrund eines russischen Papers einen Abstand von 1000 Metern zwischen Feldern mit und ohne Gentechmais verlangt, obwohl wissenschaftliche Berater ihr 10-50 Meter vorgeschlagen hätten. Als man das russische Paper von 1942 schliesslich fand und übersetzte, stellte sich heraus, dass die Wissenschaftler gerade darin vorschlugen, den Sicherheitsabstand zwischen zwei Feldern von 1000 auf 10 bis 50 Meter zu reduzieren.


Fussnoten:
(1) Eidgenössische Volksinitiative 'für Lebensmittel aus gentechnikfreier Landwirtschaft': www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vi314t.html
(2) Gentechfrei-Initiative: www.gentechfrei.ch/
(3) Gen Suisse: www.gensuisse.ch/



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