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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 27.02.2002 06:00

2 Zimmer, Küche, Bad, nur CH-Bürger

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Von Nicky Kern

"Stoppt die Entschweizerung Zürichs!" schrie es mir neulich aus meinem Briefkasten entgegen. Wahlwerbung der "Schweizer Demokraten". Im Wesentlichen dagegen: gegen Überfremdung, gegen Verslumung, gegen Kriminalität, etc.

Als Ausländer an der ETH kann man solche Propaganda glücklicherweise ziemlich ruhig lesen. Schliesslich gehören wir nicht zum direkten Zielpublikum unserer demokratischen Freunde, stärken wir doch auch den Ruf der Schweiz als erstklassiger Forschungsstandort. Und an der ETH selber haben wir solche Probleme ja nicht.

Oder etwa doch?

In der Tat hat man an der ETH selber kaum Probleme. Positiv ist, dass bereits einige der Vorlesungen auf Englisch sind, und es gibt Gerüchte, dass die neuen Bachelor/Master-Studiengänge ganz auf Englisch gelesen werden sollen. Der Spagat zwischen Schweizer Hochschule und internationaler Forschungsanstalt braucht viel Fingerspitzengefühl auf Seiten der ETH, und wurde bis jetzt sehr gut bewältigt.

Auch sozialer Kontakt ist kein grösseres Problem: mit dem üblichen Wisschenschaftsesperanto Englisch kommt man an einer technischen Hochschule sehr gut durch. Auch gibt es einige, die sich der Neuankömmlinge annehmen: beispielsweise IAESTE, ERASMUS oder auch das AVETH International Students Web (www.aveth.ethz.ch/international/).

Nun lebt der Mensch ja bekanntlich nicht nur vom Brot allein (bzw. vom Gedankenfutter, das hier gebacken wird), d.h. man muss auch aus der ETH rausgehen. Das umsomehr, als dass es an der ETH keinen Campus und keine dazugehörigen Wohnheime gibt. Von Indien aus ist es nicht einfach, ein Wohnheimzimmer oder gar eine Wohnung zu finden (letzteres ist, vor allem für Ausländer, nicht mal von Zürich aus einfach!).


Zur Person

Seit Oktober 2001 ist Nicky Kern Assistent bei Professor Bernt Schiele im Departement Informatik. Er engagiert sich in der Mittelbau-Vereinigung AVETH. Für seine Doktorarbeit vertieft er sich in das momentan trendige Thema "Wearable Computing". An der ETH schätzt der deutsche Informatiker die konstruktive Atmosphäre zwischen der Schulleitung und den Doktoranden. Als negativ wertet er aber, dass neu ankommende Wissenschaftler in Zürich häufig allein gelassen werden und: "die Professoren sollten den Doktorierenden nicht zuviel Arbeit ausserhalb des definierten Projekts auftragen".




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Nicky Kern, Assistent am Departement Informatik.

Aber das ist nur der Anfang: trotz Poly- und Survival Guide und den Faltblättern des Rektorats bleibt man mit Problemen wie Ausländerausweis, Kranken- und Pensionskasse, etc. meist ziemlich allein.

Man mag einwenden, dass man es ja mit selbstständigen Erwachsenen zu tun hat, die auf sich selber aufpassen können. Das ist sicher richtig, und auch notwendig, beispielsweise durch das Erlernen der deutschen Sprache. Aber wenn man bedenkt, dass nicht alle aus dem europäischen Ausland kommen und vielleicht auch ganz grundlegende kulturelle und sprachliche Probleme haben, kann man ihnen das Engagement für sich selber einfacher und schwerer machen.

Die ETH will vermehrt (Doktorats-) Studierende aus dem Ausland anwerben. Die Idee kommt aus dem angelsächsischen Raum, dort sei das so üblich. Neue Leute bringen neue Ideen und frischen Wind, und schliesslich ist ein wichtiger Teil der Forschung ja auch der (internationale) Austausch. Das Problem dabei: dort funktioniert die Idee wunderbar. Die lokalen Eingeborenen parlieren auf Englisch und zudem kann man in den dortigen Campus-Unis meist noch darauf zählen, einfach an eine - wenn auch nur vorläufige - Wohngelegenheit zu kommen...

Ausländer sein in Zürich ist etwas besonders: auf der einen Seite hat man eine kosmopolitische und äusserst vielseitige Grossstadt, die sehr viel bietet. Auf der anderen Seite sind, neben den üblichen Administrativa, die Sprache und die Wohnungssituation nicht einfach. Die ETH ist keine der amerikanischen Campus-Hochschulen. Um gute Köpfe aus der ganzen Welt anzuziehen, kann man deren Konzepte nicht blind übernehmen, d.h. man muss sich aktiv attraktiv machen. Das heisst auch die Anfangs- und Sprachhürden so weit als möglich abzubauen. Ebenso wichtig ist, dass sich Neuankömmlinge hier willkommen fühlen. Das können wir nur alle zusammen erreichen. Ein erster kleiner Schritt könnte bereits eine zweisprachige Kolumne sein.




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