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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 02.04.2003 06:00

Moment mal, Herr Villiger

Von Elias Mulky

Grüezi Herr Villiger,

Können sie mir mal einige Minuten Zeit geben? Es geht um Ihren Vorschlag, die Studiengebühren an der ETH auf 1’200 Franken pro Semester zu erhöhen. Wie sind Sie eigentlich darauf gekommen? Ich verstehe, der Bund muss sparen, und da die ETH dem Bund unterstellt ist, muss sie jetzt den Gürtel auch enger schnallen. Aber: Das wird doch bereits gemacht, 13 Professuren wurden gestrichen, das Departement Forstwissenschaften steht auf der Liste der gefährdeten Studiengänge. Budgetkürzungen am Laufmeter. Genügt das denn nicht?

Ach so, 40 Megafranken sollen noch dazukommen, dass ist wichtig, damit die Leute sehen, dass überall gespart wird. Und natürlich, damit Ihr ambitiöses Sparpaket von 2 Gigafranken auch realisiert wird. Doch Moment! 1’300 Franken mehr pro Jahr und Student, wer wird hier getroffen? Die Reichen, die kratzt es eh nicht, die müssen wir nicht berücksichtigen. - Wer dann? Die Armen, die kriegen ein Stipendium, die sollte es auch nicht kratzen. Aber wahrscheinlich müssen die Stipendien erhöht werden, was zulasten des Bundes gehen wird. Zudem werden wohl mehr Leute eins beantragen müssen, zum Beispiel jene, die auf dem zweiten Bildungsweg die Matura gemacht haben und jetzt mit dem gesparten Geld studieren müssen.

Schlecht schlecht, da kann man schon ein paar Megas von den ursprünglichen 40 streichen. Wen gibt’s noch? Die grosse Mittelschicht, die sich ein Studium zwar leisten kann, aber den Gürtel danach noch enger schnallen muss. Die einen werden sich gegen ein Studium entscheiden und die anderen werden zwar studieren, da sie aber nicht mehr so viel ausgeben können, gehen ihnen wiederum Einnahmen aus der Mehrwert- und aus anderen Steuern weg. Und schon versickern die Megas im Sand.


Zur Person
Sich "nur" einer Studienrichtung allein zu widmen, das wäre für Elias Mulky nicht in Frage gekommen. "Mich interessiert bei aller Lust an der Forschung vor allem der Brückenschlag zwischen den Disziplinen", sagt der in Syrien geborene Sohn einer Schweizerin und eines Syrers, der im vierten Semester an der ETH Interdisziplinäre Naturwissenschaften studiert. Die Komplexität eines seiner Berufsträume - der Raumfahrt - stellt denn auch Aufgaben, für die das interdisziplinäre ETH-Studium sicher keine schlechte Basis darstellt. Bei der studentischen Selbsthilfeorganisation SOSeth sorgt Elias Mulky im Semester zwei Mal monatlich für spannende cinéastische Unterhaltung, und als Aktiver in der Chemiker-Fachschaft VCS vertritt er die Interessen der Studierenden im Departement. - Freiwilligkeit in Ehren, aber das habe, meint Elias Mulky, noch einen gewichtigen Vorteil, besonders für ihn, der noch nicht lange in der Schweiz lebe: "Ich knüpfe so wertvolle Kontakte, die mir später zugute kommen können."



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ETH-Student und ETH-Life-Kolumnist Elias Mulky.

Was, Herr Villiger, bleibt Ihnen nach diesem Hammerschlag übrig? Einige Franken, eine unzufriedene Bevölkerung und weniger Studenten, was dem Forschungsstandort Schweiz längerfristig ziemlich heftig ins Fleisch schneidet. Sicher, Sie haben Recht, die Gebühren müssen erhöht, beziehungsweise an die Teuerung angepasst werden, aber eine Steigerung um 120 Prozent??

Versicherungsprämien, Steuern, Zugsbillettarife, ja selbst der Mensaessen-Preis wird um höchstens 20 Prozent erhöht. Stellen Sie sich vor, die Mehrwertssteuern würden um 120 Prozent aufschlagen. Wie schnell würde Sie das Parlament, das Volk und die muskulöseste Zeitung der Schweiz zurückpfeifen? Sie können ja nicht mal eine Notlage geltend machen, da wir uns, im Gegensatz zu gewissen bananenrepublikanischen Hypermächten, ja nicht im Krieg befinden.

Herr Villiger, ich hab Sie schon gehört: auch Studenten müssen Opfer erbringen... Bis spät in die Nacht irgendwelche Übungen fürs Studium machen, auch an Wochenenden arbeiten und für irgendwelche Prüfungen chrampfen, noch dazu unbezahlt - ist das denn kein Opfer? Lehrlinge kriegen schon ab 15 einen Lohn.

Bleibt noch das „Solidarität-mit-der-Uni-Zürich“-Argument: In dem Sinne bin ich dafür, die Studiengebühren beider Hochschulen schrittweise auf maximal 700 Franken zu erhöhen, um die Teuerung auszugleichen.

Sie wollen mehr? Tut mir leid, eine Hochschule ist nun einmal eine BILDUNGSINSTITUTION und keine Firma, die auf Biegen und Brechen Gewinn erwirtschaften muss. Das muss auch der Kanton Zürich begreifen. Schauen Sie: Studiengebühren dienen im Grunde als Obolus, damit die Studis auch ihren symbolischen Beitrag zur Hochschule erbringen können. Wenn dieser Beitrag aber so hoch wird, dass die Hochschule zu einem Eliteclub wird, dann ist etwas faul in der Confoederatio Helvetica.

Herzlich, Elias Mulky


Die ETH-Life-Kolumnisten äussern ihre persönliche Meinung. Diese muss nicht mit der Haltung der Redaktion übereinstimmen.



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