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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 24.09.2003 06:00

Momentaufnahmen

Von Elias Mulky

Ende September: Eine Zeit, in der das Gros der Studierenden sich wieder in den Hörsälen befindet. Jetzt allerdings nicht, um irgendwelche Professoren anzuhören oder Pendlerzeitungen zu lesen, sondern um selber die Früchte ihrer Arbeit während zwei Semestern zu präsentieren. Bis zu vier Stunden Zeit hat man; aber je nach dem entscheiden auch nur sechzig Minuten, ob die ETH für das Schicksal des betreffenden Studis ein Meilen- oder ein Stolperstein war.

Was ist von diesem System zu halten? Auf den ersten Blick erscheint es als Schikane, die Arbeit eines ganzen Jahres in so kurzer Zeit zu bewerten, eine Momentaufnahme, vergleichbar mit dem Marathonläufer, der die Ziellinie überquert und mit dem Schnappschuss, der dessen Zeit misst.

Doch auf den zweiten Blick hat dieses System einige Vorteile: der Studi ist unabhängig, kann dann arbeiten, wann er will und muss sich auch nicht vor irgend jemandem für seine Lernmethodik rechtfertigen. Wer die Materie schnell begreift, kann sich anderem zuwenden, wer nicht, kann solange arbeiten, wie er will.

Die Prüfungen haben allerdings auch einige Nachteile. Neben dem erwähnten Momentaufnahmen-Problem ist auch die Art und Weise, wie die Prüfung geführt wird, nicht über alle Zweifel erhaben.


Kastentitel

Sich "nur" einer Studienrichtung allein zu widmen, das wäre für Elias Mulky nicht in Frage gekommen. "Mich interessiert bei aller Lust an der Forschung vor allem der Brückenschlag zwischen den Disziplinen", sagt der in Syrien geborene Sohn einer Schweizerin und eines Syrers, der im vierten Semester an der ETH Interdisziplinäre Naturwissenschaften studiert. Die Komplexität eines seiner Berufsträume - der Raumfahrt - stellt denn auch Aufgaben, für die das interdisziplinäre ETH-Studium sicher keine schlechte Basis darstellt. Bei der studentischen Selbsthilfeorganisation SOSeth sorgt Elias Mulky im Semester zwei Mal monatlich für spannende cinéastische Unterhaltung, und als Aktiver in der Chemiker-Fachschaft VCS vertritt er die Interessen der Studierenden im Departement. - Freiwilligkeit in Ehren, aber das habe, meint Elias Mulky, noch einen gewichtigen Vorteil, besonders für ihn, der noch nicht lange in der Schweiz lebe: "Ich knüpfe so wertvolle Kontakte, die mir später zugute kommen können."




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Elias Mulky, ETH-Student und "ETH Life"-Kolumnist.

Nur ein kleiner Querschnitt aus dem Stoff wird geprüft, und so kann es passieren, dass eine im Stoff an sich kompetente Person mit kaum einer Wissenslücke mit einer schlechten Note bestraft wird. Dann nämlich, wenn die Prüfungsfragen genau auf diese Wissenslücken zielen.

Eine Fehlerkultur existiert nicht in den Prüfungen, es gilt nur „das Richtige“ (und was dies ist, liegt im Ermessen des Prüfers). Doch was ist DAS Richtige? Gerade in der Forschung (ein Bereich, der so viel Sensitivität verlangt) kann man nur durch Ausprobieren und gezieltes Fehler-Machen neue Pfade betreten. „Das Richtige“ per se existiert nicht. Selbst ein Abfallprodukt kann sich als richtig erweisen – siehe Teflon, Penicillin, Dynamit, etc.

Dieses Fehler-Machen wird nicht gross toleriert. Stattdessen drillen einen die Prüfungen in preussischer Manier, sich normgerecht auszudrücken. – Klar, nur um das Handwerk zu erlernen, bedarf es solchen Trainings, welches auch für die Kreativitätsarbeit wichtig ist. Aber wozu den Rest der Arbeit negieren? Warum wird die Arbeit, welche das ganze Jahr über geleistet wurde, nicht bewertet? Sinnvoller als Testate, die ja nur als Schlüssel zur Prüfung dienen, wäre zum Beispiel eine Bewertung des studentischen Einsatzes während des Jahrs, zum Beispiel durch Übungsbewertungen und eine „Mitarbeit in der Vorlesung“-Note. Dies könnte Studierende auch dazu motivieren, mehr Fragen zu stellen, und aus dem öden Unterricht „von oben herab“ würden grosse Diskussionsrunden entstehen, die alle zum kritischen Denken animieren.

Hier die neue Vision: ein Betscheler-Meister-Konzept, wo die Vordiplome zu fifty und der Semestereinsatz ebenfalls zu fifty zählt. Die Neue ETH: eine menschliche Eliteschule.




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