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Rubrik: Mittwochs-Kolumnen |
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Jammern ETH-Studierende auf hohem Niveau? |
Anders Hagström Haben Sie schon das Resultat des Hochschulrankings von SwissUp und dem Deutschen Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) gesehen? Seit Anfang Mai sind die Gesamtresultate auf www.das-ranking.de öffentlich. Zum ersten Mal können nun die ETH-Studiengänge in den Naturwissenschaften sowie in Mathematik und Informatik in einer standardisierten Form mit allen anderen Hochschulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz verglichen werden. Nächstes Jahr sollen die Ingenieurstudiengänge folgen. Ich will hier nicht mehr auf das Thema Ranking als solches eingehen. Das Bild, das die neue Vergleichsmöglichkeit bietet, verlockt jedoch zu einer näheren Betrachtung und einem Interpretationsversuch. "Nicht schlecht" könnte man das Resultat für die ETH Zürich auf Helvetisch zusammenfassen. Was die Reputation und den Forschungsoutput betrifft, gehört die Hochschule überall zur Spitze. Bei der Meinung der Studierenden ist das Bild differenzierter. Mit den "harten" Aspekten der Hochschule – Laborausstattung, Räume, Bibliotheken, IT-Infrastruktur – sind die Studierenden sehr zufrieden. Bei den "weichen" Aspekten des Studiums, insbesondere der Betreuung, dem Kontakt zu den Dozierenden, der Studienorganisation und dem Praxisbezug liegt fast alles im tiefroten Bereich. Dies ist also die Meinung der ETH-Studierenden zu ihrem Studium (Rücklaufquote 32Prozent), verglichen mit den Meinungen der Studierenden anderer Hochschulen zu deren Studium. Zur tatsächlichen Qualität der Lehre lassen sich aus dem Ranking also keine Schlüsse ziehen. Aber an der ETH Zürich studieren demnach die unzufriedensten Studierenden, und dies an einer der besten Hochschulen Kontinentaleuropas. Das Resultat hat mich erstaunt. Woran kann das liegen? Ist die Lehre an der ETH Zürich wirklich so schlecht, wie man übrigens auch aufgrund der Diskussion im Weblog ETH 2020 vermuten könnte? Oder jammern verwöhnte und undankbare ETH-Studierende auf hohem Niveau? Die Studierenden an den anderen Schweizer Hochschulen scheinen ebenso kritisch zu sein. Also eine normalhelvetische Bestrebung zu weiteren Verbesserungen dort, wo noch Optimierungspotential vorhanden ist?
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Abgesehen vom Unterschied zu Deutschland, den ich nicht erklären kann, vermute ich, dass die grosse Unzufriedenheit auch mit dem zunehmenden Leistungsdruck auf den Studierenden zusammenhängt. Wenn jede einzelne Lerneinheit geprüft und gepunktet wird, verkommt das Studium zu einem Hürdenlauf von Leistungskontrolle zu Leistungskontrolle. Unter diesem Druck wird "gute Betreuung" leicht auf mundgerechte Aufbereitung des Pflichtstoffes, mustergültige Musterlösungen und auf das Prüfungsrelevante beschränkte Skripts reduziert. Im Hinblick auf das Studium als Vorbereitung für den Beruf ist dies natürlich eine sehr kurzfristige Sicht. Denn fürs Leben gibt es keine für alle Lagen gültigen Musterlösungen. Und ein Skript wird auch nicht mitgeliefert. PS: Wenn Sie eine Zusammenfassung der Rankingresultate für die ETH Zürich wollen, können Sie sich gerne bei mir melden.
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Literaturhinweise:
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