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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Mittwochs-Kolumnen
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Publiziert: 06.04.2005 06:00

Mängel beim Führen

Von Raimund Bühner

Die Führungsarbeit in einem innovativen Umfeld wie einer Hochschule konzentriert sich zu einem Grossteil auf Planungs- und Entscheidungsprozesse. Aber das ist nicht alles, was gute Führung ausmacht. Hinzu kommen Prozesse der Umsetzung und Kontrolle; wenn diese vernachlässigt werden, sind erhebliche Defizite die Folge. Diese werden dann besonders deutlich, wenn Grundsatzdiskussionen über Themen entstehen, die der Gesetzgeber schon lange geregelt glaubte, aber direkte Vorgesetzte und Dienststellen nicht umsetzen können oder wollen. Sei es aus Unkenntnis, aus Bequemlichkeit oder im vollem Bewusstsein - weil anders gelagerte Ziele erreicht werden sollen.

An einigen ausgewählten Beispielen möchte ich zeigen, dass die Verantwortlichen für die Gesetze sich diese Führungsarbeit ganzheitlicher gedacht haben. Artikel 5 der Personalverordnung (PVO-ETH) fordert unmissverständlich, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hinsichtlich der Qualität ihrer Arbeit, der Leistung, Fachkompetenz und der Arbeitsmarktfähigkeit weiter entwicklen. Als elementarer Bestandteil dessen besteht die Verpflichtung zur Weiterbildung. Die ETH und ihre Vorgesetzten haben im angemessenen Rahmen die Aufwendungen für die Weiterbildungen zu tragen.

Die mir berichteten wie auch persönlichen Erfahrungen sind diesbezüglich allerdings zwiespältig ausgefallen. Während in Sachen Aus- und Weiterbildung die Personalabteilung vorbildlich jeden Einzelfall behandelt, der aktiv auf sie zukommt, fehlt bei den direkten Vorgesetzten vielfach nicht nur die notwendige Bereitschaft zur Unterstützung, sondern es können von ihnen ausgehend sogar regelrechte Hinhalte- und Behinderungstaktiken resultieren.


Zum Autor

Raimund Bühner stammt aus Nordrhein-Westfalen und ist promovierter Materialwissenschaftler. 1998 kam er in die Schweiz, wo zunächst am Paul-Scherrer-Institut sein werkstoffkundliches Know-how auf dem Gebiet der Strahltriebwerkstechnik für neue kerntechnische Entwicklungen gefragt war. Vor fünf Jahren wechselte Bühner als wissenschaftlicher Mitarbeiter an die ETH. Hier, am Institut für Mechanische Systeme (D-MAVT), hat er sich als Spezialist für moderne Klebetechnik etabliert; ein Wissenssegment, für welches die Industrie vom Fahrzeug- bis zum Flugzeugbau grosses Interesse hegt. Eine Partnerschaft mit regem Austausch verbindet Raimund Bühner zum Beispiel mit der Edel-Marke Porsche, privat allerdings ist der Stadt-Zürich-Bewohner bekennender ÖV-Benutzer. Unser Kolumnist ist Mitglied der ETH-Personalkommission sowie Präsident des VPOD der Sektion Eidgenössisches Personal Zürich. Sieht er sich als bissiger Gewerkschaftler? „Mir liegt die Argumentation näher als das Säbelrasseln“, so Bühner. Gerade bei den Rechten des Personals etwa sieht er für die Schweiz im Vergleich mit seinem Herkunftsland schon Nachholbedarf: „Mitwirkung wird hier generell gern gesehen – Mitbestimmung hingegen gar nicht.“




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Forscher im D-MAVT, Personalvertreter und "ETH Life"-Kolumnist: Raimund Bühner.

Solche Führungskräfte werden weder die zeitlichen Aufwendungen von zehn bis 15 Prozent der Arbeitszeit, noch die finanzielle Unterstützung von mindestens 50 Prozent der Auslagen tolerieren oder gar beisteuern. Das ist besonders dann verwerflich, wenn die angestellten Personen schon weit über das 100-Prozent-Mass hinaus auf Gebieten arbeiten, die in der Praxis so gut wie gar keine Bedeutung besitzen. Gerade hier besteht dringlicher Bedarf für Weiterbildungs-Massnahmen, um den betroffenen Personen nach Auslaufen ihrer Anstellung überhaupt noch eine Chance auf dem Arbeitsmarkt bieten zu können.

Solche Vorgesetzte dürften wohl auch zu einem nicht kleinen Teil dafür verantwortlich sein, dass bei der letzten Personalbefragung die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten an der ETH als recht gering eingeschätzt wurden. Ähnlich schlecht steht es um weitere gesetzlich festgelegte Ansprüche auf Entwicklungsmöglichkeiten; beispielsweise um die Laufbahngestaltung oder die Zuerkennung gerechtfertigter akademischer und karrierefördernder Titel für Mittelbauangehörige nach Artikel 6 der PVO-ETH oder die Ausbildung zur Wahrnehmung von Kaderfunktionen gemäss Artikel 7. Abseits einer wissenschaftlichen Karriere stellt dies beim Gang in die Praxis eine wichtige Alternative dar.

Darüber hinaus verlangt Artikel 7 PVO-ETH die Weiterleitung aller relevanten Informationen, die sich karrierefördernd auswirken können, seitens des Vorgesetzten an die ihn unterstellten Mitarbeitenden. Da nützt es wenig, wenn Vorgesetzte an die Eigenverantwortlichkeit ihrer Mitarbeiter appellieren und ihnen zugleich wichtige Hinweise über Förderprogramme und Weiterbildungsmassnahmen vorenthalten, obgleich sie selbst genügend frühzeitig davon Kenntnis hatten oder gar noch an deren Gestaltung mitwirkten. Dergleichen durfte ich selbst im Fall der Innovations-Initiativen erleben. So erfuhr Ich durch einen Artikel im "ETH Print", dass tags darauf die Einreichungsfrist abläuft.

Bis zur Realisierung des im Leitbild der ETH gebotenen fairen Führungsstils gilt es also noch eine Menge zu tun und sicherlich hauptsächlich an den Umsetzungs- und Kontrollprozessen zu arbeiten. Eine kooperative Allianz von Schulleitung und Sozialpartnern sowie mehr Nähe zu den Beschäftigten würde aus meiner Sicht das Angehen dieser nicht einfachen Problematik einiges erleichtern.


Literaturhinweise:
Die Personalverordnung für den ETH-Bereich finden Sie hier: www.admin.ch/ch/d/sr/1/172.220.113.de.pdf



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