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Rubrik: News
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Publiziert: 07.05.2001 06:00

Wie Menschen Informationen ordnen
Das Schnabeltier bei der Suppe

(cm) Was hat das Schnabeltier mit einer Armensuppe zu tun? Primär einmal nichts; doch sowohl der Begriff Armensuppe wie der des Schnabeltieres können die Schwierigkeiten illustrieren, die entstehen, wenn man Wissen organisieren will. Und genau um das geht es bei der Veranstaltung "Armensuppe aus dem Lexikon" am Zürcher Festival des Wissens .

"Ordnungen des Wissens"

Die "Köche" der Armensuppe kommen aus dem historischen und deutschen Seminar der Universität Zürich sowie dem Landesmuseum. Sie arbeiten gemeinsam im Projekt "Ordnungen des Wissens" (2). zusammen. Dieses diskutiert den langfristigen Wandel von Wissen, Bildung und Information am Beispiel der europäischen Allgemeinenzyklopädien. Es ist nämlich nicht nur von Interesse, was in einer Gesellschaft gewusst wird, sondern auch wie die Wissens-Elemente organisiert werden. Denn die Darbietungsformen des Wissens sind oft verräterischer als dieses selbst.

Wenn Berner Zürchersuppe schlürfen

Wissenssammlungen reflektieren aber auch, was einer Gesellschaft wichtig ist und welches Wissen miteinander verknüpft ist. So gab es 1770 in Mitteleuropa Missernten, die in der Schweiz zu einer Teuerung und einer Hungersnot führte.

armensuppe
Wissenschaftler, die geben: Armensuppe nach einem Rezept aus dem 18. Jahrhundert. gross

In Zürich wurde daraufhin ein Rezept für eine Armensuppe in Umlauf gebracht, das auch Eingang in eine Enzyklopädie fand. Als 1795 in Bern der Armenvogt nach Lösungen für die hungernde Bevölkerung suchte, konnte er auf dieses Wissen zurückgreifen und das Zürcher Armensuppen-Rezept verteilen. Fündig wurde er in der Enzyklopädie unter der Rubrik "Armut".


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armensuppe
Keiner zu klein, Suppenesser zu sein. gross

Weniger leicht Eingang in die Enzyklopädien - eventuell durch die mangelnde gesellschaftliche Relevanz - fand das Schnabeltier. Denn im 18. Jahrhundert passte ein eierlegendes, pelziges Tier mit einem Schnabel nicht in das hergebrachte Ordnungssystem der Lebewesen von Carl von Linné. So musste sich der Erstbeschreiber des Schnabeltiers, George Shaw, den Vorwurf der Fälschung gefallen lassen.

Die Beispiele der "Armensuppe" zeigen schön, wie aus vermeintlich verstaubtem Wissen ein sinnfälliges Erlebnis werden kann. Zudem erinnert sie die Mitglieder der sogenannten Informationsgesellschaft daran, dass Wissensorganisation nicht erst zusammen mit dem Computer zu einer Herausforderung geworden ist.

Fast wäre es vergessen gegangen: die Gratis-Armensuppe schmeckt gut und kann heute nochmals ab 12 Uhr im Hauptbahnhof genossen werden.


Rezept für die Armensuppe (Zürich 1770)
auflistungszeichen 2 Pfund Reis

auflistungszeichen 7 Pfund Erdäpfel

auflistungszeichen 1.5 Pfund Kürbis

auflistungszeichen 1.5 Pfund gelbe Rüben

auflistungszeichen 1.5 Pfund weisse Rüben

auflistungszeichen 200 Gramm Butter

auflistungszeichen 200 Gramm Salz

auflistungszeichen 2 Pfund Brot

auflistungszeichen 28 Pfund Wasser

Am Abend vorher den Reis vorkochen; am nächsten Morgen die Kartoffeln kochen, verstamfpen, die Rüben und andere Zutaten hinzufügen. Ergibt eine Tagesration für 20 Personen.




Fussnoten:
(1) Zürcher Festival des Wissens: www.wissensfestival-zh.ch/
(2) Projekt "Ordnungen des Wissens": www.enzyklopaedie.ch/



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