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Rubrik: News
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Publiziert: 03.10.2005 06:00

Niederweninger Mammutknochen an der ETH datiert
Eiszeit vor der Haustür

(nst) Dass zur Geschichte der Niederweninger Mammute nach über hundert Jahren ein weiteres wichtiges Kapitel hinzukam, ist Baggerführer Thomas Maag zu verdanken. Am 2. Juli 2003 entdeckte er während des Aushubs für ein Gebäude die Reste eines Skeletts. In einer Rettungsgrabung bargen die Kantonsarchäologie Zürich und das Paläontologische Museum der Uni Zürich über 50 Knochen. Es handelte sich um die linke Skeletthälfte eines grossen ausgewachsenen Mammutbullen, der im besten Alter von etwa 40 Jahren im Sumpf von Niederweningen verendet war, wie Heinz Furrer vom Paläontologischen Institut der Uni Zürich in einer Medienmitteilung schreibt. Anlass dazu war das am Samstag in Niederweningen eröffnete Mammutmuseum. (1)

Im April 2004 wurden erneut Mammutüberreste gefunden und geborgen. Das Material, darunter ein gut erhaltener Stosszahn, stammt laut den Angaben des Museums wohl von einem älteren Mammutbullen. Mindestens neun Mammute, darunter ein junges Kalb, sind bis heute in Niederweningen gefunden worden.

Von Ötzi bis zum Bundesbrief

Die Datierung der eiszeitlichen Knochenreste wurde an der ETH Zürich vorgenommen, wo bereits diverse in der Öffentlichkeit bekannte Funde auf ihr Alter hin untersucht wurden, etwa der Südtiroler Eismann „Ötzi“, das Turiner Grabtuch oder auch Dokumente wie der Bundesbrief der Eidgenossenschaft von 1291. (2) Das Forscherteam im Labor für Ionenstrahlphysik am Institut für Teilchenphysik (IPP) ist spezialisiert auf die Beschleunigermassenspektrometrie - eine Methode, die es erlaubt, natürliche Konzentrationen von langlebigen Radioisotopen in kleinsten Proben zu analysieren. Das bekannteste mit diesem Verfahren untersuchte Isotop ist C-14, dessen Halbwertszeit von 5'730 Jahren eine Datierung von bis zu ca. 50'000 Jahre altem organischem Material oder auch Kalk erlaubt.


Seit Samstag offen: Mammutmuseum

Das Mammutmuseum in Niederweningen gibt einen Einblick in die spektakulären eiszeitlichen Funde in Niederweningen und zeigt ein grosses Wandbild des Wehntals vor 45’000 Jahren. Die zahlreichen bebilderten Informationstafeln führen den Besucher auf dem „Zeitpfad“ von der Gegenwart und Besiedlung in geschichtlicher Zeit zur Pflanzen- und Tierwelt der Eiszeit und bis zu den Lebewesen im tropischen Jurameer, dem die Lägernkalke entstammen. (1)




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Stosszahn eines Mammutbullen von Niederweningen an der Fundstelle von 2004. (Bild: I. Hajdas, IPP, ETH Zürich) gross

"Das Alter der Mammutfunde von Niederweningen war lange umstritten“, sagt Irka Hajdas vom Labor für Ionenstrahlphysik. "1991 ergaben erste Datierungen mittels der Radiokarbonmethode an Knochenfunden von 1890 ein Alter von zwischen 33’000 und 35’000 Jahren.“ Eine Datierung von Holz und Mammutknochen des Fundes von 2003 ergab aber ein Minimalalter von 40'000, respektive 38’000 Tausend Jahren, Für die Forscher problematisch sei, dass die Erdschichten am Fundort oft kein einheitliches Alter aufweisen, sondern aufgrund von Erosions- und Rutschungsprozessen eine Mischung verschiedener Epochen darstellen können, meint Irka Hajdas. Zudem kann ein Austausch mit Sedimenten und Grundwasser zu „Kontaminierungen“ von Proben mit jüngerem Material führen.

Ein Alter von rund 45'000 Jahren

Deshalb wenden die Forscher einerseits bei der Herstellung der Proben reinen Kohlenstoffs für die Beschleunigermassenspektrometrie unterschiedliche Präparationsmethoden an. Andererseits korrelieren sie die Befunde mit weiterem organischem Material wie Holz oder anderen Tierfossilien, das in derselben Schicht gefunden wurde. "Unterm Strich haben unsere Messungen ergeben, dass die Mammute von Niederweningen um die 45'000 Jahre alt sein müssen“, resümiert Irka Hajdas. Damit gehören sie zu den ältesten bekannten fossilen Funden der Schweiz, die überhaupt mit der 14-Methode zu datieren sind.

Erstaunlich ist, dass zwischen den Datierungen der Knochen von 1890 und jenen von 2003/4 mehr als 10'000 Jahre Differenz liegen. "Geklärt ist diese Abweichung noch nicht, aber vielleicht rührt sie auch daher, dass wir hier gerade am Limit der C-14 Methode sind. In diesem Bereich haben wir seit der Untersuchung von 1991 unsere Probenherstellung und Messmethoden stark verfeinert“, sagt Irka Hajdas.


Fussnoten:
(1) Website des Mammutmuseums Niederwenigen: www.mammutmuseum.ch/
(2) Website des Labors für Ionenstrahlphysik (es wird gemeinsam von der ETH Zürich und dem Paul Scherrer Institut betrieben): www.ipp.phys.ethz.ch/research/experiments/tandem/home.html ; vgl. auch: www.radiocarbon.ch/



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