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Rubrik: Science Life |
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Simulation von kollidierenden Galaxien Tanz der schwarzen Löcher |
Was sich im Inneren von Galaxien abspielt, wenn diese miteinander kollidieren, ist immer noch nicht restlos geklärt. ETH-Forscher konnten nun zeigen, dass sich die supermassiven schwarzen Löcher im Zentrum der Galaxien innerhalb relativ kurzer Zeit zu einem binären System vereinigen. Die Galaxien, die wir heute mit unseren Instrumenten im Weltall beobachten, haben in den meisten Fällen eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Immer und immer wieder kam es im All zu Kollisionen, bei denen sich zwei Galaxien vereinigten. Was sich bei einem solchen Aufeinandertreffen abspielt, ist nach wie vor nicht restlos geklärt. Vor allem die Vorgänge in den Zentren der Galaxien, wo sich die supermassiven schwarzen Löcher befinden, geben den Astronomen Rätsel auf. Unter anderem stellt sich die Frage, ob sich die beiden supermassiven schwarzen Löcher soweit annähern können, dass aus ihnen ein binäres System entsteht, und ob sie sich später sogar vollständig vereinigen können. Unklar ist auch, in welchen Zeiträumen sich eine solche Umwandlung abspielt. Realitätsnahes Modell Eine Forschergruppe um Lucio Mayer, Förderprofessor am Institut für Astronomie der ETH Zürich und am Institut für Theoretische Physik der Universität Zürich, gelang es nun, mit Hilfe von numerischen Simulationen Antworten auf diese Fragen zu geben. Wie letzte Woche in Science Express (1) bekannt wurde, haben die Forscher mit grosser Genauigkeit berechnet, was sich im Innern der Galaxien abspielt. "Die bisherigen Modelle waren zuwenig aussagekräftig, weil sie die Umgebung der supermassiven schwarzen Löcher zuwenig gut abbildeten", erklärt Mayer. "Im Gegensatz dazu berücksichtigt unser Modell, dass die Galaxien neben Sternen und auch Gas haben und dass dieses ungleich im Raum verteilt ist." Zudem kann das Modell Prozesse über mehrere Grössenskalen hinweg abbilden – nur so gelang es, das Geschehen im Zentrum präzise genug zu erfassen. Die Simulationen zeigen nun, dass im Innern von zwei vereinigten Galaxien tatsächlich ein binäres System aus zwei supermassiven schwarzen Löchern entsteht, und zwar in viel kürzerer Zeit als man bisher dachte. Nach der Vereinigung der Galaxien entsteht ein solches "doppeltes schwarzes Loch" innerhalb von wenigen Hunderttausenden von Jahren. "Das ist rund 100 Mal schneller, als man bisher dachte", erklärt Mayer. Als entscheidender Punkt hat sich dabei das Gas entpuppt, das sich zum grössten Teil im Zentrum der Galaxien befindet. Dass sich die Galaxien überhaupt vereinigen und dass sich die schwarzen Löcher annähern, ist auf Reibungskräfte zurückzuführen, welche durch die Sterne und das Gas entstehen. "Unser Modell zeigt, dass das Gas den grössten Teil zu dieser Abbremsung beiträgt, und zwar auch dann, wenn die Galaxien nur vergleichsweise wenig Gas aufweisen", meint Mayer. "Bedenkt man, dass Galaxien früher mehr Gas hatten als heute, dann muss sich die Annäherung damals noch schneller abgespielt haben."
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Quellen für Gravitationswellen Stimmen die Berechnungen von Mayers Gruppe, dann muss es im Weltall hunderte von solchen binären Systemen geben. Dies ist nicht nur für das Verständnis, wie sich Galaxien vereinigen, von Bedeutung; gemäss der allgemeinen Relativitätstheorie senden solche doppelten schwarzen Löcher Gravitationswellen aus. Gibt es im Weltall viele dieser Objekte, dann steigen die Chancen, ihre Gravitationswellen nachzuweisen. Genau das, so erklärt Mayer, sei bisher nicht gelungen. "Die Relativitätstheorie konnte in diesem Punkt noch nicht bestätigt werden, weil der Nachweis von Gravitationswellen ein äusserst heikles Unterfangen ist." Das soll sich nun ändern: Läuft alles nach Plan, dann werden die Nasa und die Esa in den nächsten Jahren im Weltall die sogenannte "laser interferometer space antenna" (LISA) (2)installieren. Das aufwendige Instrument besteht aus drei frei schwebenden Messkörpern, deren Position durch Laserstrahlen laufend überwacht wird. Stimmen die Voraussagen der Relativitätstheorie, dann werden die drei Körper in ihrer Position jeweils ganz leicht ausgelenkt, wenn sie von einer Gravitationswelle erfasst werden. "LISA ist eines der komplexesten Messinstrumente, das von Menschen je gebaut wurde", erklärt Mayer. "Dennoch ist es immer noch nicht klar, ob ein Nachweis von Gravitationswellen überhaupt möglich ist." Sollte das Vorhaben gelingen, dann wäre dies ein enorm wichtiger Schritt für die Physik. |
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Fussnoten:
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