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Rubrik: Science Life Resistenz gegen Schädlinge und mehr Ertrag: die Erfolge der Cassava-Forschung Eine starke Wurzel |
Published: 21.02.2005 06:00 Modified: 17.02.2005 13:48 |
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Cassava ist eine wichtige Nutzpflanze. Über 800 Millionen Menschen ernähren sich von ihr. Wilhelm Gruissem, Professor für Pflanzenbiotechnologie am ETH-Institut für Pflanzenwissenschaften (1)
, erforscht seit vier Jahren, wie die Pflanze dank Gentechnologie gegen Krankheiten geschützt werden kann. Nun wurde Gruissem’s Team von der Eiselen-Stiftung(2)
mit einem Förderpreis ausgezeichnet. Von Michael Breu (mailto:breu@cc.ethz.ch) Cassava (Manihot esculenta) – in Europa ist sie eher als Maniok bekannt – ist eine der wichtigsten Nutzpflanzen. Ihre Wurzel dient über 800 Millionen Menschen als Grundnahrungsmittel. Die Weltproduktion nimmt stetig zu (178.8 Mio. Tonnen weltweit; 93.9 Mio. Tonnen in Afrika, Stand: 2001) und stellt nach Reis, Mais und Zuckerrohr die viertwichtigste Kalorienquelle für die tropische Bevölkerung dar. „Cassava stellt sehr geringe Ansprüche an Bodenqualität, Düngung und Bewässerung“, schreiben Wilhelm Gruissem und sein Mitarbeiter Peng Zhang in einem Fachaufsatz. Cassava wird vor allem von Kleinbauern angebaut. Sie verwenden die Blätter als vitaminreiches Gemüse und die Wurzel zur Herstellung verschiedener stärkehaltiger Nahrungsprodukte. Sowohl Blätter als auch Wurzelknollen müssen dabei sorgfältig behandelt werden, denn die Pflanzenteile enthalten die giftigen Salze der Blausäure (Cyanide). Keine Anpassung möglichDas ist nicht das einzige Problem: „Im Gegensatz zu anderen Kulturpflanzen konnte Cassava nur in geringem Mass durch klassische Zuchtmethoden den Bedürfnissen angepasst werden“, finden Gruissem und Zhang. Grund dafür sei, dass Maniok genetisch ähnlich heterogen (heterozygot) ist wie unsere einheimischen Obst- und Weinsorten, daher erzeugen Kreuzungen stets völlig neue Sorten. Genetische Kreuzungen sind deshalb kaum möglich. „Es existieren kaum genetisch gut definierte Zuchtlinien. Die heute angebauten Sorten werden fast ausschliesslich vegetativ vermehrt.“ Für Cassava biete die Gentechnologie eine ideale Alternative zur klassischen Züchtung. „Durch Gentechnologie können für Cassava einige der wichtigsten Probleme gelöst werden“, ist Gruissem überzeugt.
Drei Beispiele: - Beispiel eins, Schädlingsresistenz: „In Teilen von Ost- und Zentralafrika ist der Anbau von Cassava in den letzten Jahren durch eine Viruserkrankung stellenweise komplett zum Erliegen gekommen. Die Krankheit wird durch das Geminivirus African Cassava Mosaic Virus (ACMV) verursacht“, schreiben die Experten. Dieses Virus existiert in verschiedenen genetischen Varianten und wird durch Weisse Fliegen (Bemisia tabaci) übertragen. Verhindern lässt sich die Übertragung bislang nur durch massiven Insektizideinsatz. Mittels Gentechnik sei es jedoch möglich, die pflanzliche Abwehr gegen Viren spezifisch zu aktivieren. „Dazu werden kleine Teile der viralen Genome in die Pflanzen eingebracht, die entweder direkt gegen Viren aktiv sind oder eine gezielte Abwehrreaktion in Gang setzen“, erklärt Gruissem und vergleicht das Resultat mit einer Impfung. Am ETH-Institut für Pflanzenwissenschaften wurden dafür drei Strategien getestet: die Verhinderung der viralen Genexpression durch anti-sense RNA gegen früh im Infektionszyklus benötigte ACMV-Proteine; die Erzeugung einer Hypersensitiv-Antwort nach der Virusinfektion; und die Verhinderung der viralen Vermehrung durch induziertes „gene silencing“. Dabei wird durch Expression von virusspezifischer doppelsträngiger RNA ein pflanzeneigener Abwehrmechanismus in Gang gesetzt, der zur Zerstörung von viraler RNA und/oder zur Verhinderung ihrer Expression führt.
Nach Angaben von Gruissem ist die anti-sense-Strategie im Augenblick am weitesten fortgeschritten. „Eine grosse Zahl von transgenen Pflanzen mit mehreren verschiedenen Genkonstrukten wurde produziert und mit verschiedenen Methoden auf Virusresistenz getestet. Unter Gewächshausbedingungen zeigten mehrere Pflanzenlinien gute bis sehr gute Resistenz gegen verschiedenen ACMV-Stämme.“ Cassava hornworm - ein weiteres ProblemEin anderes Problem bilden die Larven des Cassava hornworm (Erinnyis ello). Sie verursachen durch Blattfrass Ertragseinbussen von 10 bis 50 Prozent. „Transgene Cassavapflanzen, die das CryIA(b)-Protein aus Bacillus thuringiensis exprimieren, wurden in unserem Labor produziert und werden gegenwärtig für Tests zur Resistenz gegen den Cassava hornworm am International Center for Tropical Agriculture in Kolumbien vorbereitet“, erklärt Gruissem. - Zweites Beispiel ist die Verlängerung des Blattalters. „Cassavapflanzen haben oft nur wenige Blätter, da diese in der Regel rasch welken und abfallen. Blätter altern natürlicherweise in einem aktiven Prozess, der durch Pflanzenhormone gesteuert wird. Eine Verzögerung dieses Prozesses würde die Zahl der Blätter pro Pflanze erhöhen und so die Pflanzen ertragreicher machen und auf jeden Fall mehr Blattmaterial als Nahrungsmittel zur Verfügung stellen“, hoffen Gruissem und Zhang. „Wir haben nun transgene Cassavapflanzen produziert, in denen gezielt beim Einsetzen der Blattalterung ein Cytokinin-Biosynthese-Gen aktiviert wird. Cytokinine sind Pflanzenhormone, die den Alterungsprozess verzögern können. Die transgenen Pflanzen tragen tatsächlich ihre Blätter länger; alle Aspekte, die sonst bei der Blattalterung beobachtet werden, sind verzögert. Die Pflanzen produzieren Speicherwurzeln früher als nicht-transgene Pflanzen, haben eine erhöhte Blattausbeute und sind darüberhinaus sogar noch resistenter gegen Wassermangel“, haben die beiden ETH-Experten herausgefunden. Nahrungsmittelqualität kann verbessert werden- Das dritte Beispiel befasst sich mit der Verbesserung der Nahrungsmittelqualität. Obwohl die Cassava Wurzel reich an Stärke ist, so reicht der Proteingehalt nicht aus um den täglichen Bedarf an essentiellen Aminosäuren zu decken. „Wir haben transgene Cassava Pflanzen entwickelt, die ein künstliches Speicherprotein (ASP1) produzieren. Dieses Protein ist natürlichen Speicherproteinen, wie sie zum Beispiel in Maiskörnern vorkommen, nachgebildet und in seiner Aminosäuresequenz für die menschliche Ernährung optimiert. Der Proteingehalt dieser Pflanzen wird gegenwärtig getestet. Gleichzeitig werden weitere transgene Pflanzen produziert, in denen durch spezifische Expressionssignale ASP1 speziell in der Speicherwurzel und in höherer Konzentration erzeugt werden soll“, machen Gruissem und Zhang Hoffnung.
Footnotes:
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