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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 07.07.2004 06:00

Filme aus dem „ETH-Laboratory for Software Technology“
Eine Dimension mehr

Sie sind immer mit zwei parallel ausgerichteten Kameras unterwegs, die ETH-Studierenden vom 3D-Filmprojekt des Departements Informatik. Alles wird doppelt aufgenommen, um den Zuschauerinnen und Zuschauern später eine dreidimensionale Welt auf die Leinwand zu zaubern. Heute Abend präsentieren sie sieben Kurzfilme.

Von Richard Brogle

Die Hand kommt aus der Leinwand heraus, greift in Richtung Zuschauerin, diese weicht zurück und die Hand greift schliesslich nach dem am Boden liegenden Koffer und trägt ihn fort. Keine Zukunftsvision, sondern die Vorpremiere eines 3D-Kurzfilmes im „Laboratory for Software Technology“ des Instituts für Computersysteme der ETH Zürich. Dabei sind auch einige der rund 20 Filmemacherinnen und Filmemacher. Sie haben die sieben Filme im Rahmen der Vorlesung „Stereoscopic Imaging” des Departements Informatik als Semesterarbeit gedreht.Betreut werden die Studierenden vom Lehrbeauftragten Dr. Cary D. Kornfeld, der auch die Vorlesung hielt. Die Qualität scheint sich herumgesprochen zu haben: Von anfänglich 19 Studierenden stieg deren Zahl während des Semesters auf rund 30. Doktorand Patrick de la Hamette: „Von drei Vorlesungen, die ich angefangen habe, habe ich nur diese bis zum Ende besucht. Speziell gefallen hat mir, dass wir selber praktisch arbeiten konnten.“ Er betont aber auch, dass die Kreditpunkte nicht etwa geschenkt wurden: „Ich habe hier so viel Aufwand getrieben wie nie sonst für eine Vorlesung.“

Doktorandin Susanne Cech (links) und Doktorand Patrick de la Hamette (rechts) im Schneideraum. gross

Preis für den besten tierischen Darsteller

Der Aufwand für das Filmen und Schneiden scheint gewaltig gewesen zu sein. Kornfeld: „Für jede Minute Film investierten wir rund 1000 Minuten.“ Trotzdem würde auch Doktorandin Susanne Cech den Kurs wieder besuchen: „Es war einfach eine tolle Stimmung. Cary hat sich enorm viel Zeit für uns genommen.“ Ihr Bruder, der sich in der Freizeit mit Stereobildern beschäftigt, machte sie auf den Kurs aufmerksam: „Er sagte mir, diesen Kurs müsse man einfach besuchen.“ Auch der technische Aufwand ist nicht ohne. Im ganzen Projekt wurden Daten im Umfang von zwei Terabytes (das entspricht der Datenmenge von mehr als 3100 CDs) auf Hochleistungscomputern mit vier Prozessoren verarbeitet.

Ohne Brille sind auf der Leinwand zwei Bilder sichtbar, mit Brille nur eines auf jedem Auge. gross

Am Schluss des Projektes wurden wie bei einem grossen Filmfestival Preise in verschiedenen Kategorien verliehen. Diese waren aber so angelegt, dass jeder Film einen oder mehrere Preise gewann. Zum Beispiel gewann der Sushi-Film den Preis für den „besten tierischen Darsteller“. Weiter gab es einen Preis für das „cutest smile“.

Das menschliche Auge verstehen

Dem Filmprojekt ging eine Vorlesung Kornfelds voran, in der die Studierenden zuerst einmal die Grundlagen der Bildverarbeitung und der Aufnahmetechnik erlernten. Die Studierenden erfuhren, wie man Farben einsetzt, wie das menschliche Auge auf optische Reize reagiert und wie man eine Kamera führt. Auf die Frage, ob dies denn in eine Informatik- beziehungsweise Elektrotechnik-Vorlesung gehört, entgegnet Kornfeld: „Ja, nur wer weiss, wie Auge und Hirn auf ein bestimmtes Bild reagieren, kann ein Verfahren entwickeln, das die Daten maximal komprimiert, ohne dies den Zuschauer merken zu lassen.“


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Bei der Premiere der 3D-Filme nahmen rund 100 Personen teil. gross

Auch die elektronische Bildverarbeitung wurde in der Vorlesung gestreift. So erfuhren die Studierenden beispielsweise, dass optische Scanner nicht mehr als 10 bit Farbtiefe erfassen können. Alles darüber werde nur gerechnet. Ähnlich sieht es bei der Auflösung aus. Laut Cary Kornfeld können handelsübliche Flachbettscanner maximal 300 dpi (dots per inch, Punkte pro Zoll) mechanisch auflösen, alles darüber werde interpoliert. Kornfeld: „Werte von 2400 dpi sind reine Verkaufsgags.“

Die Filter sind der Trick

Auch mit dem 3D-Effekt setzten sich die Studierenden auseinander. Wer das Laboratorium betritt, dem fällt als erstes auf, dass die Leinwand von zwei Projektoren gleichzeitig angestrahlt wird. Um einen 3D-Effekt zu erzielen, müssen das rechte und das linke Auge verschiedene Bilder sehen. Genau wie in der realen Welt sehen beide menschlichen Augen nie genau das Selbe, da sie um einige Zentimeter auseinander liegen. Durch diesen Unterschied kann das Hirn dann ein 3D-Bild konstruieren. Wie bringt man nun die Augen soweit, auf ein und derselben Leinwand zwei verschiedene Bilder zu sehen? Der Trick dieser dreidimensionalen Wahrnehmung besteht in der Verwendung von Polarisationsfiltern vor den Projektoren und in den Brillengläsern der Zuschauerinnen und Zuschauer. Diese Filter lassen jeweils nur Licht in einer bestimmten Schwingungsebene durch. Vor dem einen Projektor ist ein Polarisationsfilter montiert, der nur horizontal gerichtetes Licht durchlässt, beim anderen nur vertikal gerichtetes Licht. Auf der Leinwand erscheinen so zwei Bilder, die man mit blossem Auge auch beide gleichzeitig sieht, weil das Auge sowohl horizontal wie vertikal gerichtetes Licht sehen kann. Trägt man nun eine Brille, die jeweils links nur das vertikal und rechts nur das horizontal gerichtete Licht durchlässt, dann sieht jedes Auge nur das Bild eines Projektors. Die Bilder werden mit anderen Worten zuerst getrennt „hergestellt“, auf der Leinwand vereinigt, in der Brille wieder getrennt und schliesslich im Hirn zu einem 3D-Bild kombiniert.

Die zwei unterschiedlich ausgerichteten Polarisationsfilter in der Brille und vor den Projektoren lassen für den Besucher auf der flachen Leinwand eine 3D-Welt entstehen. gross


Heute ist Kinotag

Da die Vorstellung für Freunde letzte Woche ein grosser Erfolg war, zeigen die Studierenden ihre sieben 3D-Filme erneut. Spontan erklärten sie sich bereit, eine spezielle Vorstellung für die Leserinnen und Leser von „ETH Life“ zu organisieren. Diese wird heute Mittwoch um 18:00 Uhr im Raum C 106 im Gebäude ETF (ETH Elektrotechnik, hinter dem Unispital) stattfinden.




Literaturhinweise:
Vorlesung Stereoscopic Imaging: www.lst.inf.ethz.ch/teaching/lectures/ss04/230/



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