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Rubrik: Tagesberichte |
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Rundgang mit der Denkmalpflege ETH: für einmal Museum |
Die städtische und die kantonale Denkmalpflege laden wöchentlich unter dem Titel "Von der Schulstube zur Hochschule" zu architektonischen Rundgängen in der Stadt Zürich ein. Im Zentrum der Führung vom vergangenen Dienstag standen zwei Gebäude der ETH: Die Sternwarte von Gottfried Semper und das Chemiegebäude von Alfred Friedrich Bluntschli und Georg Lasius. Roberto Stefàno Der "Rudolf Wolf(1)"-Hörsaal in der alten Semper-Sternwarte, dem heutigen Collegium Helveticum(2), platzt aus allen Nähten. Gegen 100 Personen, grössten Teils im fortgeschrittenen Alter, drängen sich in den Raum, um die Einführung von Renzo Casetti über das historische Bauwerk zu verfolgen. Das Interesse an den Ausführungen des Denkmalpflegers scheint riesig zu sein. Nur die quietschende Schwelle zum Hörsaal durchdringt die Stille im Raum, an der stickigen Luft stören sich nur wenige. Rudolf Vögele wartet währenddessen in der Eingangshalle. Das letzte Mal war er vor 15 Jahren hier, als die Sternwarte noch ihrem ursprünglichen Zweck diente. Seither hatte er keine Gelegenheit, um an diesen Ort zurück zu kehren. "Ich bin froh, die Sternwarte wieder zu sehen. Aber auch am Chemiegebäude bin ich als Amateurchemiker stark interessiert." Im Vordergrund stehen für Rudolf Vögele jedoch die Bauten und die architektonische Vergangenheit, nicht etwa chemische Formeln. Blick in die Alpen In der Zwischenzeit hat Theresia Gürtler, ebenfalls von der Denkmalpflege, eine Besuchergruppe übernommen und führt sie auf die Dachterrasse. Sie studierte an der ETH, doch eine Rückkehr an ihre Ausbildungsstätte bewirkt keine speziellen Gefühle. "Das machen wir öfters", begründet sie. Oben angekommen bleibt kurze Zeit, die herrliche Aussicht auf die Alpen zu geniessen und den Ausführungen der Gruppenleiterin über die historischen Hintergründe der Sternwarte zu folgen. Dann trifft bereits die zweite Gruppe ein - mit einer solch hohen Anzahl Besucher hatten die Organisatoren nicht gerechnet.
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Das heutige Herzstück der Semper-Sternwarte, das Collegium Helveticum, wird kurzfristig Objekt musealer Neugierde. Wie bei der Besichtigung der Kronjuwelen in London werden die Besucher durch den Hauptsaal im zweiten Stock geschleust. Als Höhepunkt, neben dem nach überlieferten Vorlagen akribisch genau restaurierten Interieur, sind drei Mitarbeiter des Collegiums an ihren Arbeitsplätzen anwesend. Historische Eindrücke Matthias Hubacher hat an der ETH Architektur studiert und arbeitet nun bei der Denkmalpflege. An dieser Führung ist er jedoch als stiller Beobachter dabei. "Der Rundgang vermittelt ein anderes Bild, als ich es von der ETH habe", bemerkt er. "Es erscheint eher etwas altertümlich." Sonst empfinde er die ETH als eine Institution für moderne Forschung. Die Gruppe zieht weiter zum Chemiegebäude. In Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege wird der Sichtbacksteinbau renoviert und präsentiert sich daher als Grossbaustelle. Erinnerungen werden trotzdem geweckt: In einem zweigeschossigen Zimmer meldet sich Hans Schneeberger zu Wort: "Dies war einst die Bibliothek! Hier habe ich bis tief in die Nacht gebüffelt!" 1952 studierte er in der Abteilung für Naturwissenschaften, ein Bereich, den es heute unter diesem Namen nicht mehr gibt. Mit der Einladung zum Stadtrundgang hat er die Gelegenheit genutzt, zurück an die ETH zu kommen. Mit gemischten Gefühlen zwar, denn "mein Studium war nicht sonderlich erfolgreich." |
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