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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 18.09.2001 06:00

ETH-Untersuchung legt Aufhebung nahe
Das Ende der Milchkontingentierung?

Eine im Auftrag des Bundes verfasste ETH-Untersuchung kommt zum Schluss, dass eine Aufhebung der Milchkontingentierung im Rahmen der Agrarpolitik des Bundes grundsätzlich positive Auswirkungen hätte.

Christoph Meier

Kontingente liegen immer Spannungsfeld von Schutz und Zwang. So stellt sich auch in der Milchwirtschaft die Frage, ob man mittels fester Produktionsmengen gestützt mit Bundesgeldern eine für die Bauern stabile, aber auch unflexible Situation schaffen soll, oder ob nicht der freie Markt mit all seinen Schwankungen den Bedürfnissen der Bauern und der Kunden eher entspricht. Eine neue ETH-Studie des Instituts für Agrarwirtschaft (1) unter Leitung von Professor Bernard Lehmann versucht eine Basis für die zukünftige milchpolitische Diskussion zu liefern.

Mit oder ohne Milchkontingentierung?

Kern der Studie ist ein Vergleich der agrarpolitischen Zielerreichung mit und ohne Milchkontingentierung unter den künftig zu erwartenden Bedingungen. Dabei gilt es das agrarpolitische Konzept 2002 des Bundes zu berücksichtigen. Weiteren Einfluss wird die Umsetzung der bilateralen Verträge mit der Europäischen Union haben. Fünf Jahre nach Inkrafttreten derselben wird der freie Käsehandel eingeführt, was natürlich einen erheblichen Einfluss auf die Milchwirtschaft haben wird. Die Zielerreichung, die sich in vier Bündel gliedert, beinhalte Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt, Rentabilität , Beiträge an die Raumgestaltung, Ökologie und den Tierschutz, erläutert Lehmann.

Um die Menge des Rohstoffes Milch unter den neuen Rahmenbedingunen zu eruieren, interviewten die Forscher 18 relevante Firmen der Milchverarbeitung und 12 Experten aus dem Detailhandel und aus Branchen- und Sortenorganisationen. Die Auswertung der Aussagen ergab eine zukünftige Abnahme des Kilopreises Rohmilch von 80 Rappen im Jahre 2000 auf rund 62 bis 65 Rappen. Die Mehrnachfrage nach Rohmilch dürfte aber um rund 448'000 Tonnen (+14%) steigen.

Grössere Spezialisierung

Eine weitere Folge der Aufhebung der Milchkontingentierung wäre, dass bei den Bauern ein Trend zur Spezialisierung auf einzelne Agrarprodukte einsetzen würde. Dadurch könnte mehr Milch zu einem tieferen Preis produziert werden. "Die Kernkompetenzen werden besser eingesetzt und die Effizienz wird erhöht, was in der Landwirtschaft der Schweiz dringend notwendig ist", meint Lehmann dazu. Es zeigt sich auch, dass eine Lösung ohne Milchkontingentierung sowohl bezüglich der agrarpolitischen Zielerreichung als auch der volkswirtschaftlichen Effizienz besser abschneidet als eine Lösung mit der Aufrechterhaltung der Milchkontingentierung. Die Chancen für eine Vorbereitung der Aufhebung der Milchkontingentierung werden als sehr gut erachtet, da die bereits heute beobachtete Zunahme des Absatzpotenzials günstige Voraussetzungen bietet. Trotzdem werden aber auch Übergangsregelungen empfohlen, damit es im Milchmarkt kurzfristig nicht zu unerwünschten starken Preis- und Mengenveränderungen kommt.


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milchkontingente Lehmann
Im Berggebiet würde nach Aufhebung der Milchkontingente die Milchproduktion zurückgehen. gross

Weniger Bergbauern?

In ihren Schlussfolgerungen erwähnt die Studie auch, dass die Berggebiete unter einem Regime ohne Kontingentierung weiterhin eine sehr wichtige Rolle in der Milchproduktion einnehmen werden. Dies, obwohl davon ausgegangen wird, dass in diesen Regionen die Produktion um 18 Prozent zurückgehen wird. Lehmann dazu: "Eine Reduktion war wegen der komparativen Nachteile des Berggebiets bei einer Preissenkung durchaus zu erwarten." Nichtsdestotrotz blieben die Bergregionen für die Milchproduktion sehr wichtig. Es könne durchaus so sein, dass der Rückgang kleiner ausfällt, wenn die lokale Verarbeitung erfolgreich sei. "Das Berggebiet kann sich aber auch wieder vermehrt auf Leistungen konzentrieren, welche vor der Einführung der Milchkontingentierung aktuell waren wie zum Beispiel die Aufzucht und die Mutterkuhhaltung", vermerkt der Agrarwissenschafter.

Vergleich für die Zukunft

Auf die Frage hin, wie die Bauern auf den Vorschlag, die Milchkontingente aufzuheben, reagieren werden, meint Lehmann: "Wenn die Bauern sehen, dass die Vorschläge für die Zeit nach der vollständigen Einführung der bilateralen Verträge mit der EU sind, werden sie auch feststellen, dass das tiefere Preisniveau nicht durch die Aufhebung der Kontingentierung bedingt sein wird." Ein tieferes Preisniveau sei erstens unvermeidbar und zweitens eine Voraussetzung für die Aufhebung der Kontingentierung. Der Wissenschaftler bilanziert: "Wichtig ist dementsprechend der Vergleich zwischen den Varianten mit und ohne Kontingentierung in der Zukunft und nicht heute." Eine bittere Pille müssen Traditionalisten schlucken: Die Studie geht nämlich davon aus, dass sich der Verlust von landwirtschaftlichen Traditionen und Kultur kaum vermeiden lässt.


Fussnoten:
(1) Institut für Agrarwirtschaft der ETHZ: www.iaw.agrl.ethz.ch/iaw/d/home.htm



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