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Rubrik: Tagesberichte |
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Hochspannungstechnik Tanzende Wassertropfen |
Nasse Hochspannungsleitungen erzeugen unangenehme Geräusche. Das ETH-Laboratorium für Hochspannungstechnologie hat nun herausgefunden: der besonders störende Lärm wird von schwingenden Wassertropfen verursacht. Man hofft, mit diesem Wissen leisere Leitungen bauen zu können. Von Richard Brogle Personen, die neben einer Hochspannungsleitung wohnen, fühlen sich oft durch ein Brummen der Leitungen gestört. Dieses tritt auf, wenn die Leitungen durch Nebel oder Regen nass werden. Besonders wenn in der Nacht praktisch alle anderen Lärmquellen verstummen, wird das 100-Hz-Leitungsbrummen zu einer der Hauptlärmquellen. Laut Hans-Jürg Weber vom Hochspannungslabor der ETH können dabei die zulässigen Grenzwerte überschritten werden. Regen im Labor Ein ETH-Forscherteam um Timm Hans Teich vom Hochspannungslabor setzte sich das Forschungsziel, Methoden zu entwickeln, um den Lärm zu beseitigen oder mindestens vermindern zu können. In einem ersten Schritt wollten sie herausfinden, wie der Lärm überhaupt entsteht. Dazu bauten Sie im Labor eine Testanlage auf, in der sie kurze Hochspannungs-Modellleitungen mit Wasser besprühten und so den Regen simulierten. Die entstehenden Geräusche und Veränderungen der Wassertröpfchen massen sie mit verschiedenen akustischen, elektrischen und optischen Methoden. Unter anderem filmten sie die Veränderungen der Wassertröpfchen, die sich an der Oberfläche der Leitungen bildeten. Dazu verwendeten sie eine Videokamera, die bis zu 1'000 Bilder pro Sekunde aufnimmt.
Wassertropfen im Takt Bei der Auswertung der Bilder entdeckte das Team Interessantes: die Wassertröpfchen verformen sich periodisch. Die Verformung korrelierte sehr gut mit den gemessenen Geräuschen. In Europa beträgt die Netzfrequenz 50 Hz.
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Dies bedeutet, dass die Spannung in der Sekunde genau 50 Sinusschwingungen durchläuft. Die Forscher beobachteten zwei Minima und Maxima der Verformungen pro Sinusschwingung und folgerten daraus, dass die Tröpfchen einen Ton von 100 Hz generieren müssten. Da der störende Ton effektiv diese Frequenz aufweist, schlossen sie daraus, dass dieser durch die Verformung der Wassertröpfchen entsteht. Spezielle Beschichtung In einem nächsten Schritt machten sich die Forscher daran, den Lärm zu reduzieren. Sie stellten fest, dass es unmöglich war, den Lärm zu vermindern, solange der Regen stets neue Wassertröpfchen nachlieferte. Sie fanden aber eine Lösung für die Zeit nach dem Regen. Da die Tropfen den Lärm verursachen, müssen diese möglichst schnell von der Leiteroberfläche abgeführt werden. Um den natürlichen Abtrocknungsprozess zu beschleunigen und die Formgebung der Wassertropfen zu beeinflussen, experimentierten die Forscher mit verschiedenen Oberflächenmaterialien. Ziel war es, ein Material zu finden, dass die Tropfen möglichst flach erscheinen lässt und so die das Geräusch verursachende Verformung weitgehend unterbinden könnte. Es zeigte sich, dass dies durch eine hydrophile Beschichtung weitgehend erreicht werden kann. Geeignete Oberflächenstrukturen auf den Leitungen fördern den Wasserabfluss zusätzlich. Interesse der Industrie Nach den Laborexperimenten sind weitere Grundlagenuntersuchungen an Wassertropfen geplant, damit in einem nächsten Schritt die grosstechnische Umsetzung erfolgen kann. Es ist abzuklären, wie sich die neue Beschichtung in der Praxis verhält und ob bestehende Hochspannungsleitungen nachgerüstet werden können. Da die Betreiber der Hochspannungsleitungen von Gesetzes wegen verpflichtet sind, den "Stand der Technik" anzuwenden, um den Lärm zu vermeiden, rechnet man im Hochspannungslabor damit, dass sich die Industrie für ihre Erkenntnisse interessieren dürfte. Nicht zufällig findet man auf der Homepage unter den Industriepartnern auch die "Voralberger Illwerke" sowie den "Verbund Austrina Power Grid". Vielleicht schläft man in Österreich schon bald tiefer. |
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Literaturhinweise:
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