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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 15.03.2005 06:00

Frühjahrstagung der Militärakademie an der ETH Zürich (MILAK)
Milizarmee als ethischer Garant

"Ethik in Politik, Wissenschaft und Armee" stand vergangenen Samstag an der Frühjahrstagung der Militärakademie an der ETH Zürich (MILAK) im Mittelpunkt der Gastreferate im Audimax. Die rund 300 Tagungsteilnehmenden erfuhren, dass Ethik in allen drei Bereichen unter anderem nur in der Übernahme von Eigenverantwortung gelebt werden könne und vorgelebt werden müsse.

Von Regina Schwendener

"Ethik fängt dort an, wo Worte nicht mehr ausreichen", sagte einmal der legendäre Urwalddoktor Albert Schweitzer. Der Worte über Ethik fielen jedoch viele, als sich Brigadier Rudolf Steiger, der Zürcher Regierungspräsident Ruedi Jeker und ETH-Rektor Konrad Osterwalder , alles ehemalige ETH-Studenten, an der Frühjahrstagung der MILAK dessen Bedeutung aus drei Richtungen - Armee, Politik und Wissenschaft - näherten. Was kam zum Ausdruck? Ethik bedeute Respekt vor dem Menschen, vor der Natur zu haben, vorbildhaft zu leben, Kompetenzen zu erwerben und Verantwortung für Entscheide zu übernehmen.

Ethik und ihre Herausforderung

Einig war man sich, dass Ethik noch immer nicht allgemein gültig definiert ist. "Aber", so Rudolf Steiger, "Ethik darf als Wissenschaft auch nicht blosses theoretisches Glasperlenspiel an den Universitäten sein." Ethik müsse als angewandte Wissenschaft praxisorientiert die verschiedenen Lebens- und Wissensbereiche durchdringen. So fussten die Beispiele aus dem Problemkreis Ethik auf noch relativ aktuellen Ereignissen. Konrad Osterwalder sprach die Auseinandersetzung um den Gentechweizen an, Ruedi Jeker unter anderem die multikulturelle Herausforderung, die immer wieder Probleme aufwirft. Jeker: „Alle Kulturen und Religionen sollten gemeinsame Grundwerte teilen." Korpskommandant Luc Fellay legte seinem Referat die Ereignisse in der bosnischen Uno-Schutzzone Srebrenica zugrunde und ging auf die damalige Fehleinschätzung der Lage und die Unfähigkeit der Verantwortlichen ein, die Folge des Nichteingreifens – Massenhinrichtungen - einzuschätzen.

ETH-Rektor Konrad Osterwalder sprach als Gast der MILAK-Frühjahrstagung zum Thema "Ethik in der Wissenschaft". gross

Menschenwürde und Freiheit

Ruedi Jeker bezog Ethik in der Politik zentral auf die Menschenwürde, die den Kern von Rechtsstaat und Verfassung bildet. Staatliche Macht müsse begrenzt und der Wahrhaftigkeit verpflichtet sein. Ethik in der Politik respektiere die Würde des Gegenübers und erhält die eigene Würde. Konrad Osterwalder erläuterte die Frage nach Ethik in der Wissenschaft in "etwas willkürlich" gegliederten Kreisen. Als ersten Kreis umschrieb er die ethische Haltung, welche der einzelne Wissenschafter seinem Tun zu Grunde legen muss, also die Offenheit und Ehrlichkeit in der Beschreibung der Resultate und Fairness gegenüber Mitarbeitenden wie auch gegenüber Konkurrenzgruppen. Der zweite Kreis umfasst für Osterwalder die ethischen Fragen im Umgang mit dem Risiko, das durch menschliches Dazutun geschaffen wird. Und der dritte beinhaltete die Ethik als Ehrfurcht vor der Natur, speziell vor menschlichem und tierischem Leben. Luc Fellay sieht die Grundlage der Ethik in der Freiheit des Einzelnen, der Gesellschaft und des Staates.


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Vor der Frühjahrstagung wurde im Büro des ETH-Rektors die Leistungsvereinbarung zwischen der MILAK und der ETH Zürich unterzeichnet: (v.l.) Professor Andreas Wenger (D-GESS), ETH-Rektor Konrad Osterwalder, Divisionär Ulrich Zwygart und Brigadier Rudolf Steiger. gross

Eine Milizarmee aus freien und demokratisch gesinnten Bürger-Soldaten, die in einem demokratischen Staat den politischen Behörden unterstellt ist, wirkt als Garant für eine ethisch handelnde Nation. Laut Fellay hat die Militärethik das Fortdauern der Ethik der Gesellschaft zu sichern.

Minimaler Konsens

Bevor die Referenten in einer kurzen Diskussionsrunde auf gezielte Fragen antworteten, fasste Brigadier Steiger in seinem Schlusswort die von den Referenten geäusserten Gedanken zusammen: "In der Politik, in der Wissenschaft und in den Streitkräften sollten Ethik und das Recht Leitplanken formulieren, die ein faires Zusammenleben ermöglichen." Als minimaler ethischer Konsens würden heute die elementaren Menschenrechte gelten, die aus der Würde jedes Menschen resultierten. "Die Respektierung der Menschenwürde und ihre konkrete Umsetzung im Alltag ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen von uns – in welchem Bereich wir auch tätig sind oder Verantwortung tragen", so Brigadier Steiger. Er gab zudem abschliessend bekannt, dass Oberst im Generalstab Beat Käch mit dieser Tagung das Vizedirektorium an Oberst im Generalstab Marco Cantieni übergab.

Leistungsvereinbarung unterzeichnet

Vor der Frühjahrstagung unterzeichneten der ETH-Rektor Konrad Osterwalder und der Kommandant der Höheren Kaderausbildung der Armee, Divisionär Ulrich Zwygart, die Leistungsvereinbarung zwischen dem VBS (Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport) und der ETH Zürich für den Bachelor-Studiengang Berufsoffizier (BSG). Mit dieser Vereinbarung wird die Zusammenarbeit der ETH Zürich mit der MILAK/ETH Zürich für den Studiengang, der mit dem Titel "Bachelor of Arts ETH in Staatswissenschaften" abschliesst, geregelt. Zusammen mit der Verordnung über die Militärakademie an der ETH Zürich, die der Bundesrat 2004 in Kraft gesetzt hat, sind nun die Grundlagen für den seit dem Jahr 2002 laufenden Bachelor-Studiengang Berufsoffizier gelegt. Bei der Vertragsunterzeichnung waren zudem Brigadier Rudolf Steiger, Regierungsratspräsident Ruedi Jeker und Korpskommandant Luc Fellay anwesend, die nach der Unterzeichnung einhellig feststellten, dass jetzt nur noch ein Baustein fehle: der Master.

Historisch gesehen sei es - so Osterwalder - ein Novum, an einer Schweizer technischen Hochschule Militärs auszubilden. Er hoffe, den Kurs mittelfristig stärker internationalisieren zu können, was von Professor Wenger mit Beispielen aus Schweden und vom MIT unterstrichen wurde. Allgemein war man sich einig: Das Militär habe einen neuen, wichtigen Weg eingeschlagen und "Mobilität" als Herausforderung angenommen. Und Brigadier Steiger zeigte sich froh darüber, dass die Ausbildung des Militärkaders nicht in einem "Ghetto" stattfinde. Es sei faszinierend, dass die Studierenden in allen Vorlesungen integriert sind und Projekte Disziplin-übergreifend angehen könnten. Dieser Erfolg sei Konrad Osterwalder zu verdanken, der sich vor Jahren mit dem Vorschlag an Bundesrat Adolf Ogi wandte, die Ansprüche an die Ausbildung zu heben und ihre Einspurigkeit aufzuheben.




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