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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 03.10.2003 06:00

Studienwoche für Gymnasiastinnen und Gymnasiasten
Studium auf Probe

Die ETH bietet in Zusammenarbeit mit der Stiftung „Schweizer Jugend forscht“ Teenagern die Möglichkeit, mit Forschenden ein konkretes Projekt zu bearbeiten. 86 machten vom Angebot Gebrauch, die ETH bereits vor einem allfälligen Studium kennenzulernen. ETH Life begleitete eine der fünf Gruppen auf dem Zürichsee und bei Auswertungen im Labor.

Von Richard Brogle

Treffpunkt 9:00 Uhr beim Nobelrestaurant „Seerose“ in Wollishofen, direkt am See. Die fünf Gymnasiastinnen kommen aber nicht, um sich die Bäuche vollzuschlagen, sondern um mit dem Forschungsschiff „ArETHuse“ in See zu stechen. Die fünf Gymnasiastinnen haben sich auf eine Ausschreibung der ETH gemeldet, um eine Forschungswoche an der ETH zu verbringen. Während Tanja Bürgin aus Liestal im Dezember die Maturprüfungen in Angriff nehmen wird, geht es bei Rèka Lukācs noch vier Jahre bis zum Abschluss. Tanja: „Ich will in dieser Woche herausfinden, ob mir die Erdwissenschaften als Studienfach gefallen.“ Auch Rèka denkt über ein Studium an der ETH nach: „Ich habe von Freunden einiges Gute über die ETH gehört, daher möchte ich vielleicht auch dort studieren.“

Wie bei der Erdölsuche

Am Steuer des neuen Forschungsschiffes steht „Kapitän“ Flavio Anselmetti, ETH-Professor am Geologischen Institut. Zuerst fährt er mit den Teenagern nach Oberrieden. Dort ist ein Katamaran vertäut, den sie vor den Bug des Schiffes schnallen und dann auf die Seemitte fahren. Der Katamaran wird wieder zu Wasser gelassen. Auf dem Katamaran ist ein Gerät angebracht, das Schallwellen erzeugt, die sich im Wasser fortpflanzen und anschliessend zwischen 50 und 60 Meter in den Seegrund eindringen sowie von Gesteinsschichten verschieden zurück an die Seeoberfläche reflektiert werden. Anselmetti erklärt den Gymnasiastinnen: „Diese Reflektionen werden von einem Gerät in der ArETHuse aufgezeichnet und als Schallwellenprofile ausgegeben. Damit kann man in den Untergrund schauen, ohne Bohren zu müssen.“ Das gleiche Prinzip wird auch bei der Erdölsuche verwendet.

Flavio Anselmetti (v.l.n.r), Johanna Herrigel, Rèka Lukācs, Tanja Bürgin und Sarah Hänggi auf dem ETH-Forschungsschiff „ArETHuse“. gross

Schallwellenprofile des Zürichsees

Die fünf Gymnasiastinnen werten die Schallwellenprofile aus und legen fest, an welcher Stelle sie Bodenproben entnehmen wollen. Dazu lassen sie ein Rohr von sechs Zentimeter Durchmesser auf den über 130 Meter tiefen Seegrund fallen. Dieses bohrt sich in den Seeuntergrund. Schliesst man das Rohr oben und zieht es mit einem Seil wieder an die Oberfläche, so bleibt im Rohr ein Stück des Seegrundes, der später analysiert werden kann. Nachdem die Gymnasiastinnen vier Bohrkerne ins Schiff gehievt haben, kehren sie ans Ufer zurück.

Schlecht für die Natur – gut für die Forschung

Am nächsten Morgen stehen die fünf Mittelschülerinnen im geologischen Labor der ETH. Zuerst werden die Bohrkerne aufgeschnitten. Nun werden Streifen sichtbar. Jeder ist die Ablagerung eines Jahres, ähnlich wie die Jahrringe eines Baumes. Die Jung-Forscherinnen entdecken, dass die Streifen aber nur bis ca. zum Jahr 1898 sichtbar sind. Anselmetti erklärt: „Vor dieser Zeit lebten im Untergrund Kleinsttiere, welche die Schichten permanent umpflügten und die klare Schichtung zerstörten.“


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Professor Flavio Anselmetti erklärt den Gymnasiastinnen die Schallwellenprofile. gross

Mit dem Einsetzen der Überdüngung und des dadurch fehlenden Sauerstoffs im Bodenwasser starben diese Tiere ab und die Schichten wurden ungestört konserviert. „Was für die Natur eigentlich schlecht ist, kommt uns für die Untersuchung zu gute“, so Anselmetti.

Rèka Lukācs und Sarah Hänggi untersuchen eine Schlammprobe am Mikroskop. gross

Kleine Tiere ganz gross

Nun müssen die Bohrkerne präpariert werden. Sarah Hänggi: „Mit einem Zahnstocher haben wir die interessantesten Stellen markiert und stellen nun von diesen Proben her.“ Zuerst untersuchen sie diese unter dem Lichtmikroskop. In den dunklen Stellen finden sie organisches Material, vor allem Algen und abgestorbene Kleintiere. Dann geht es in einen anderen Raum zum Rasterelektronen-Mikroskop, das eine viel stärkere Vergrösserung erlaubt. „Es ist wirklich eindrücklich, die kleinen Tiere so nahe zu sehen, dass sogar die Poren sichtbar werden. Mit einem Mikroskop an der Kanti hätte ich das nie gesehen“, meint Rèka. Ihre Kolleginnen untersuchen inzwischen den organischen Kohlenstoff und den Karbonat-Gehalt der Schichten. Noch eine andere Gruppe wertet die Schallwellenprofile aus, die sie auf dem Zürichsee aufgezeichnet haben.

Aufgeschnittener Bohrkern aus dem Zürichsee. Die Streifen sind die jährliche Ablagerungen (Bild: Urs Gerber). gross

Ihre Ergebnisse werden die fünf zusammen mit den anderen vier Gruppen am heute Freitag um 15:30 in einer öffentlichen Schlusspräsentation in der Haupthalle der ETH Zürich zeigen. Dafür müssen noch die Berichte ins Reine geschrieben und Poster gedruckt werden. Viel Zeit bleibt ihnen nicht, denn auf dem Programm steht auch noch ein Besuch beim Erdbebendienst der ETH Zürich. Ob einige sich für ETH-Studium entschliessen werden, dazu hat sich noch keine der fünf definitiv entschieden, aber die Chancen scheinen gestiegen zu sein. Tanja: „Wenn ich heute wählen müsste, ich würde Erdwissenschaften an der ETH studieren“.


Literaturhinweise:
• Weitere Informationen über ETH Studienwochen: www.ethtools.ethz.ch/studienwochen.htm



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