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Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 30.04.2002 06:00

Neues Buch zur Gentechnologie-Debatte
Gentechnologie von aussen

Die Gentechnologie wird weit über die Wissenschaft hinaus diskutiert. Das am Montag an der Uni Zürich vorgestellte Buch "Gentechnologie in der öffentlichen Kontroverse" zeigt die Debatte der letzten Jahre in der Schweiz aus sozial- und medienwissenschaftlicher Perspektive auf.

Von Christoph Meier

"Wir sind keine Naturwissenschafter. Wir befassen uns aus gesellschaftlicher Perspektive mit der Gentechnologie." Diese Einschränkung schickte Heinz Bonfadelli, Professor für Publizistik an der Uni Zürich, der Präsentation des Buchs "Gentechnologie in der öffentlichen Kontroverse" voraus. Bei der Informations-Veranstaltung am Montag boten die Autoren unter der Gesprächsleitung der Wissenschaftsjournalistin Helga Kessler Einblick in ihre Forschungsresultate. Die Arbeit ist der Schweizer Teil einer europaweiten Untersuchung.

Politik bestimmt Berichterstattung

Michael Schanne analysierte in seinem Beitrag die Medien als wichtigen Player in der öffentlichen Kontroverse. Er konnte anhand einer Untersuchung beim Tages-Anzeiger und der NZZ zeigen, dass die Berichterstattung mengenmässig der Konjuktur der politischen Auseinandersetzung folgt. So erfuhr die Gentechnologie 1998, im Jahr der Genschutzinitiative, am meisten Aufmerksamkeit. Schanne konstatierte auch, dass die Medienkonsumenten sich mit der Berichterstattung zufrieden zeigten, da sie die Informationen zu den sie interessieren den Gebieten fanden. Verblüfft wart der Wissenschaftler darüber, dass keine "mobilisierende Berichterstattung" festgestellt werden konnte. Die Medien hätten kaum darauf hingewiesen, wo weitere Informationen zu finden sind.

Beschränktes Wissen

Grundsätzliche Informationszufriedenheit scheint nicht viel über den Wissenstand der Bevölkerung auszusagen. Denn gemäss Heinz Bonfadelli herrschen hier Defizite. So wussten gerade mal die Hälfte der Befragten, dass nicht nur gentechnisch veränderte, sondern auch normale Tomaten Gene enthalten. Dazu kommt noch, dass das Wissen nach der Genschutzinitiative abgenommen habe. Bonfadelli erklärte sich diese Entwicklung damit, dass die kognitiven Kapazitäten beschränkt seien und nach Abnahme des Interesses auch das entsprechende Wissen verloren geht.

Dessen ungeachtet befand der Forscher, dass die Bevölkerung differenziert denke. So stehe die rote Gentechnologie besser da als die grüne. Das heisst, in der Medizin wird sie als sinnvoller erachtet als in der Landwirtschaft. Wie weit diese Differenzierung allerdings den Risiken in den einzelnen Gentechnik-Projekten wirklich Rechnung trägt, steht auf einem anderen Blatt.

Skeptische Wissenschaftler

"Ich habe mich über die Passivität der Wissenschaftler gewundert", erinnert sich die Biochemikerin Dora Fitzli an die Zeit um die Genschutzinitiative.


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"Gentechnologie in der öffentlichen Kontroverse": Die Wissenschaftsjournalistin Helga Kessler moderierte die Buchpräsentation der Autoren an der Uni Zürich. gross

Dies war ein Grund, weshalb sie für das vorgestellte Buch zusammen mit der Soziologin Priska Gisler vom Collegium Helveticum der ETH der Frage nachging, was die Motivation für die Forschenden ist, den Dialog mit der Öffentlichkeit zu suchen.

Spass, Bedürfnis nach einer politischen Diskussion oder überhaupt kein Interesse - das waren die Standpunkte der Wissenschaftler dazu. Teilweise hätten sich gemäss Fitzli die Forschenden überfordert gefühlt, ihre Arbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Wenn nicht überfordert, so doch eher skeptisch hätten sich die Wissenschaftler gezeigt, als Fitzli und Gisler ihnen ihren Vorschlagf für ein Handlungskonzept vorlegten. Laut diesem sollte Öffentlichkeitsarbeit zu einem Bestandteil der Forscherausbildung werden. Zudem sollen die Wissenschaftler den Meinungspluralismus innerhalb der Wissenschaft gegenüber der Öffentlichkeit aufzeigen. Priska Gisler erläuterte, dass die Forschenden intermediäre Instanzen wie Kommunikationsabteilungen durchaus befürworten, dass sie aber die Stärkung der selbstreflexiven Kompetenz als etwas erachten, dass sich "nur schwer" umsetzen liesse.

Kommunikation hat sich gewandelt

Der Fernsehjournalist Erwin Koller machte die Erfahrung, dass Gentechnologie auch auf lehrreiche Weise kontrovers diskutiert werden kann. Im Dezember 2000 führte er in der Sendung "Sternstunde Philosophie" ein Gespräch mit einem Befürworter und einer Gegnerin der Gentechnologie. Diese seien auf vorbildliche Weise aufeinander eingegangen. "Grundsätzlich," so Koller, "stellen heute die Naturwissenschaften die ethisch und philosophisch interessantesten Fragen."

Allgemein waren sich die Buchautoren einig, dass sich die Kommunikation in den Naturwissenschaften, insbesondere der Gentechnologie, geändert habe. Welche konkreten Folgerungen jedoch daraus zu ziehen sind, kam zumindest an der Präsentation des Buches nicht zur Sprache.


Literaturhinweise:
Heinz Bonfadelli, Urs Dahinden (Hrsg.); "Gentechnologie in der öffentlichen Kontroverse", Seismo Verlag 2002: Seismo-Verlag



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