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Rubrik: Tagesberichte Medientraining: Forscher üben vor der Fernsehkamera Wissenschaft in zwanzig Sekunden |
Published: 09.12.2004 06:00 Modified: 06.12.2004 15:17 |
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Seit zwei Jahren bietet die Abteilung Corporate Communications (1)
der ETH auf Anfrage ein Medientraining für Professoren und Forscher an, die im Fernsehen oder Radio Auskunft über ihr Fachgebiet geben oder Einschätzungen über gesellschaftliche Fragen erteilen müssen. Trainiert wird vor allem vor laufender Kamera. Von Michael Breu (mailto:breu@cc.ethz.ch) „Verlage und Fernsehsender haben eine Goldgrube entdeckt: Wissenschafts- und Technikthemen“, berichtete kürzlich das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Und Gero von Randow, Wissenschaftsredaktor der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit, meinte am letztjährigen European Science Writer Award: „Wissenschaft macht Schlagzeilen. Sie lässt Titelstories, Aufmacher, Leitartikel entstehen, die Top-Meldungen in der Tagesschau, Sondersendungen des ZDF, ausserdem Kinofilme und Bestseller.“ Wissenschaft ist sexy! Das belegen auch die Auflagezahlen: Der Bund „Wissen“ in der Sonntags-Zeitung zum Beispiel wurde 2003 von 86 Prozent der Leserinnen und Leser genutzt; damit findet er mehr Beachtung als der „Sport“ und die „Nachrichten“ im gleichen Blatt. Oder „Menschen Technik Wissenschaft“ von SF DRS: Mit einem Marktanteil von 27 Prozent oder 440'000 Zuschauern rangiert die Sendung in der oberen Liga des Schweizer Fernsehens. Wissenschaft ist aber auch anspruchsvoll. Das wissen nicht nur die Fachjournalisten. „Die Wissenschaft muss aus dem Elfenbeinturm“, meint Martin E. Schwab, Professor am Institut für Hirnforschung der Universität und ETH Zürich im Roche Magazin, und Peter Gehr vom Anatomischen Institut der Universität Bern findet: „Die Wissenschaft muss sich der Bevölkerung mitteilen, sie muss ihre Arbeit und ihre Befunde mit der Bevölkerung diskutieren.“ Dazu braucht es Handwerkzeug. Denn vor laufender Kamera in zwanzig Sekunden das vorzustellen, woran man seit mehreren Jahren arbeitet, ist alles andere als einfach. Auch eine Einschätzung über gesellschaftliche Fragen am Radio abzugeben – in Erinnerung sind die zahlreichen Interviews der ETH-Forscher zum Irak-Krieg – braucht Fachkompetenz: Medienfachkompetenz. Diese lässt sich nur durch Training aneignen, Bücherlesen reicht nicht. Die Abteilung Corporate Communications der ETH hat deshalb vor zwei Jahren ihr Angebot um ein Medientraining erweitert. Geleitet wird es derzeit von Roman Klingler, seit Herbst 2000 Teilzeitmitarbeiter der ETH und zuvor Fernsehjournalist bei SF DRS (Schweiz aktuell, Tagesschau, 10vor10), in enger Zusammenarbeit mit dem NET (Network for Educational Technology) der ETH. „Ein Statement vor laufender Kamera abzugeben, ist für viele Wissenschafter des Teufels“, musste Klingler bei seiner Arbeit als Journalist feststellen. Viele Wissenschafter sind der Meinung, komplexe Sachverhalte liessen sich nicht in wenigen Worten zusammenfassen. Deshalb sei es von Vorteil, wenn Forscherinnen und Forscher wissen, wie die Medien funktionieren.
Das Training beginnt mit einem Spontaninterview. Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer werden konfrontiert, mit Fragen gelöchert. Danach wird das Gespräch im Multimedia-Raum der ETH ausgewertet. „Fernsehen ist ein Bildmedium“, sagt Klingler, „das tönt zwar banal, bedeutet aber, dass wie etwas gesagt wird oft wichtiger ist, als was gesagt wird.“ Zum Wie gehören zum Beispiel, welcher Bildausschnitt gewählt, vor welchem Hintergrund ein Interview geführt wird, ob Geräusche ablenken usw. Ein wichtiger Punkt ist das Vorgespräch. „Eine Chance, die sich die Wissenschafter nicht entgehen lassen sollten. Hier können Sie Näheres über die Absichten des Journalisten erfahren. Hier bietet sich auch die Chance, allfällige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. Nicht zuletzt kann ein Vorgespräch auch Vertrauen schaffen, wenn man sich noch nicht kennt“, findet Klingler. Von den Teilnehmern des dritten Medientrainings wird das neue Angebot begrüsst: „Die Übungen vor laufender Kamera bringen mir sehr viel. Ich weiss jetzt, wie das Fernsehen arbeitet“, sagt etwa ein Professor, der am Training mitmachte. Für Medienprofi Roman Klingler sind es vor allem zwei Dinge, die das knapp eintägige Medientraining bewirken kann: „Einerseits gibt es den Leuten die Möglichkeit, in einer geschützten Werkstatt einige Interviewsituationen durchzuspielen, anderseits gibt es die Möglichkeit, etwas über die spezifischen Bedürfnisse, aber auch Sachzwänge von TV-Journalisten zu erfahren.“ Das Medientraining wird auf Anfrage durchgeführt, die Kosten werden den jeweiligen Departementen oder Instituten verrechnet.
Footnotes:
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