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Rubrik: Tagesberichte |
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ETH-Forschung auf den Seychellen Hort der Sonderlinge |
Die Seychellen haben sich vor 65 Millionen Jahren vom Festland Indiens gelöst und eine für ozeanische Inseln unvergleichlich lange Geschichte. Dies führte zu einer einzigartigen Entwicklung von Flora und Fauna; ein ideales Feld für die ETH-Umweltnaturwissenschaftler Eva Schumacher und Christoph Küffer. Ihr dritter Bericht für ETH Life gewährt genaueren Einblick in ihre Forschungsziele. Von Christoph Küffer Wir schreiben unsere Dissertation auf den Seychellen. Dass wir hier in weiter Ferne nach Erklärungen für Invasionsprobleme suchen, hat gute Gründe. Auf kleinen ozeanischen Inseln sind invasive Arten durchwegs erfolgreicher als auf dem Festland. Eine Besonderheit des Insellebens muss dafür verantwortlich sein. Isolierte Evolution Die Seychellen haben sich vor 65 Millionen Jahren, etwa zur Zeit als die Dinosaurier ausstarben, vom Festland Indiens getrennt. Sie sind die einzigen ozeanischen Inseln mit kontinentalem Ursprung. Andere Inseln, zum Beispiel Hawaii oder Mauritius, sind vor wenigen Millionen Jahren aus Vulkanen auf dem Meeresgrund entstanden.
Die Seychellen sind granitisch und haben eine für Inseln unvergleichlich lange Geschichte. Diese lange isolierte Evolution führte zu einer speziellen Flora und Fauna. Die Artenzahl ist klein, die vorhandenen Arten sind jedoch fast alle weltweit einmalig (endemisch). Riesen-Samen, Mini-Frösche Durch die kleine Artenzahl und die Isolation vom Festland war der Konkurrenzdruck kleiner. Den Arten wurden Macken und Spinnereien eher verziehen. So entwickelten sich auf den Seychellen die überdimensionierten Riesen-Schildkröten und die Meereskokos-Palme mit dem grössten Samen des Pflanzenreichs (15 Kilo schwer), aber auch einer der kleinsten Frösche der Welt (1,5 Zentimeter lang). Die Vögel legen ihre Eier ungeschützt auf einen Ast oder die freie Erde, weil es vor der Ankunft des Menschen keine Räuber gab. Blätter wie für die Ewigkeit Generell wachsen die einheimischen Bäume, Relikte aus der Urzeit, sehr langsam. Ihre Blätter sind oft kartondick, als ob sie für die Ewigkeit bestimmt wären.
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Sie scheinen gut an Dämmerlicht und Trockenzeiten angepasst, können dagegen möglicherweise weniger gut von hohem Licht- und Nährstoffangebot profitieren - eine Stärke der als Gartenpflanzen oder zur Holzproduktion eingeführten, schnell wachsenden Exoten. Wahrscheinlich führen diese speziellen Eigenschaften der Inselbäume dazu, dass sie unter gewissen Bedingungen weniger konkurrenzfähig sind als eingeführten Arten. Mit dieser Hypothese befasst sich die Dissertation von Eva Schumacher. Sie führt Gartenexperimente mit sieben exotischen und sieben einheimischen Baumarten durch. Experimentell wird das Licht-, Nährstoff-, und Wasserangebot variiert. Dafür hat sie 18 futuristisch anmutende Schattenzelte gebaut, die zum Gesprächsstoff für Passanten geworden sind. Nicht nur die Unterschiede zwischen den einheimischen und eingeführten Arten sind auf Inseln besonders gross, auch die menschlichen Störungen der natürlichen Ökosysteme sind ausgeprägt. Anfangs des 19. Jahrhunderts, wenige Jahrzehnte, nachdem sich die ersten Menschen auf den Seychellen ansiedelten, waren die grösseren Tierarten bereits ausgerottet und der natürliche Wald gerodet, mit Ausnahme von kleinen Relikten im unzugänglichen, bergigen Landesinnern.
Der Mensch als Wegbereiter der Exoten? In der Dissertation von Christoph Küffer steht die Hypothese im Zentrum, dass anthropogene Umweltveränderungen zum Erfolg der eingeführten Arten führen. Der Wald auf den Seychellen, einst ein dichter, dunkler Urwald mit sehr nährstoffarmem Boden, wurde durch den Mensch teilweise zu einem lichten, offenen Wald mit oft nährstoffreichen Böden. Die Umwelt, an die sich die einheimischen Pflanzen in Millionen von Jahren angepasst hatten, ist grösstenteils verschwunden, geblieben ist ein Habitat, wie geschaffen für die problematischen Exoten. In drei unterschiedlichen Habitaten - von Meereshöhe bis in die bergigen Höhenlagen - messen wir Umweltfaktoren wie Licht, Temperatur und Niederschlag, und vergleichen die Ökologie der einheimischen und exotischen Gehölze unter Feldbedingungen. Wichtige Aspekte, neben der Erforschung des Pflanzenwachstums, sind dabei die experimentelle Untersuchung von Keimungsbedingungen und der Verbreitungsmechanismen der Samen. Wir hoffen, dass das übersichtliche Inselökosystem es erlaubt, die verschiedenen Faktoren (Eigenschaften der Pflanzen, Samenverbreitung, und Umweltbedingungen) in ihrem Zusammenspiel zu untersuchen und besser zu verstehen. |
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Literaturhinweise:
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