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Rubrik: Tagesberichte |
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Die wahren Chancen und Risiken des Pervasive Computing Technik für mächtige Menschen |
Computer werden kleiner, zahlreicher, sind immer öfters mit Sensoren ausgestattet, um ihre Umgebung zu beobachten, und können immer besser miteinander kommunizieren. Die Chancen und Risiken des Pervasive Computing diskutierte die Stiftung Risiko-Dialog an einer Tagung an der ETH. Von Michael Breu „Die Technologie wird immer kleiner, es ist eine schleichende Revolution“, sagt Friedemann Mattern, ETH-Informatikprofessor und Leiter des Instituts für Pervasive Computing (1). Vor wenigen Jahrzehnten noch nutzten nur wenige eine elektronische Rechenmaschine, meist war es ein zentraler Computer, auf den man via Terminal zugreifen konnte. Vor etwa dreissig Jahren kamen die ersten Personal Computer auf den Markt. Heute wird die Technik immer kleiner und leistungsfähiger; alle eineinhalb Jahre wird die Leistungsfähigkeit der Prozessoren verdoppelt. „Das wird ohne weiteres noch 25 Jahre so weitergehen“, ist Mattern überzeugt. „Im 21. Jahrhundert wird die Technologierevolution in den alltäglichen Bereich vordringen“, zitiert Mattern den 1999 verstorbenen Xerox-Parc-Chef Mark Weiser. Die Vision ist längst Realität. Zwei Beispiele: - Unter dem Begriff „Wearable Computing“ werden heute in den Forschungslabors – unter anderem auch an der ETH Zürich – Techniken entwickelt, die im Gebrauch mit dem Menschen „verschmelzen“. Ein Beispiel dafür sind medizinische Anwendungen, die den Herzkreislauf online überwachen und Abweichungen direkt einem medical Callcenter melden. „Die Technik erlaubt es uns Menschen, mächtiger zu werden“, sagt Friedemann Mattern. - Weit entwickelt sind so genannte schnurlose Sensor-Netzwerke, die auf der Anwendung von RFID-Chips beruhen. RFID steht für Radio Frequency Identification, der Identifizierung per Funk. Die erste Generation dieser Chips ist seit vielen Jahren im Einsatz – etwa bei der Diebstahlsicherung oder bei der Wegfahrsperre in Autos. An der ETH Zürich zum Beispiel wird der Einsatz von RFID in einem smarten Medikamentenschrank erforscht. Ein solcher Schrank könnte in einigen Jahren zum Einsatz kommen, denn die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA fordert, dass künftig Medikamentenverpackungen mit solchen RFID-Chips ausgestattet werden.
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„Die künftigen Entwicklungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie hin zu Pervasive Computing werfen gesellschaftlich relevante Fragen auf. Erste Diskussionen weisen auf Konfliktpotentiale hin“, findet Katrin Meier von der Stiftung Risiko-Dialog (2). „Die heissesten Diskussionen drehen sich um die neue Quantität und Qualität an Daten, um Eingriffe in die Privatsphäre und Wahlfreiheit“, hat die Expertin in einem Stakeholder-Dialog mit Personen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Behörden, Konsumenten- und Umweltorganisationen herausgefunden (3). Informatikprofessor Friedemann Mattern verweist insbesondere auf Probleme im Umgang mit der Datensicherheit, die seiner Meinung nach aber durchaus lösbar seien. Wenig hält er von anderen diffusen Ängsten, wie sie häufig von Konsumenten- und Umweltorganisationen geäussert würden. „Ein solches Ausmass an organisierter Besorgtheit sieht man in anderen Ländern nicht“, meint er. Regulierung sei kein „Allheilmittel“ und eher eine Folge von Leidensdruck, ergänzt David Rosenthal, Konsulent für Informations- und Telekommunikationsrecht im Zürcher Juristenbüro Homburger. Erst kürzlich forderte er im Fachmagazin InfoWeek einen „Code of Ethics für Pervasive Computing“. Darunter versteht Rosenthal Minimalziele, welche Grundsicherheiten sicherstellten – bei der Vernetzung, der Systemidentifikation und bei der Nutzung. Um die Diskussion über Pervasive Computing nicht in eine Sackgasse geraten zu lassen – da sind sich alle Experten einig –, braucht es den Dialog. Ziel müsse sein, Technikakzeptanz und damit Vertrauen zu schaffen. Für Friedemann Mattern beginnt dies bereits im Primarschulalter: im Schulunterricht über Technik. Eine Idee, die auch Betty Zucker, Leiterin der Stiftung Risiko-Dialog, unterstützt. |
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