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ETH - Eidgenoessische Technische Hochschule Zuerich - Swiss Federal Institute of Technology Zurich
Rubrik: Tagesberichte
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Publiziert: 24.04.2003 06:00

Revidiertes ETH-Gesetz
Gewichtige Retouchen

Im März haben die eidgenössischen Räte die Revision des ETH-Gesetzes verabschiedet. Mit der voraussichtlich ab 2004 geltenden Rechtsgrundlage werden die Karten zwischen ETH-Rat und ETH-Leitung neu gemischt und die Kompetenzen etwas verschoben. Ein Blick auf die wichtigsten Neuerungen.

Von Norbert Staub

Zwar läuft die Referendumsfrist erst am 10. Juli ab, doch der Inkraftsetzung des neuen ETH-Gesetzes auf Anfang 2004 steht wohl nichts mehr im Wege. Die Revision wurde quer durch die Parteien als sinnvoll und dringlich angesehen. Denn 1999 ist ein Kulturwandel Tatsache geworden: Der Bundesrat hat damals dem ETH-Bereich für 2000 bis 2003 erstmals einen Leistungsauftrag erteilt und die Institutionen mit erheblicher Autonomie ausgestattet, unter anderem mit einem Globalbudget und eigener Rechnungsführung. Dieses Abrücken vom staatlichen Planungsdenken soll den ETH den dringend nötigen Spielraumzuwachs im internationalen Wettbewerb geben. Die Version des ETH-Gesetzes von 1991 wird dem nicht mehr gerecht.

Parlament will Mitsprache

Welches sind nun die interessantesten Neuerungen? Bleiben wir noch beim auf vier Jahre ausgelegten Leistungsauftrag: dieser wird vom Bundesrat erteilt, muss nun aber vom Parlament genehmigt werden. „Das ist verständlich. Der ETH-Bereich wird von den Räten als strategisch wichtig eingeschätzt. Zudem geht es um Bundesmittel von erheblichem Umfang“, sagt Dieter Wüest, Leiter Hochschulentwicklung im Stab von ETH-Präsident Olaf Kübler. Die Kehrseite dieses Genehmigungsprozesses liegt auf der Hand: es braucht mehr Zeit für die Vorbereitung. Ein neuer Leistungsauftrag muss bereits rund eineinhalb Jahre vor seinem Inkrafttreten in Angriff genommen werden. Ebenfalls alle vier Jahre wird festgelegt, wieviel Geld der ETH-Bereich vom Bund erhält – allerdings nicht auf Franken und Rappen genau, sondern mittels eines „Zahlungsrahmens“.

ETH als „Unternehmerin“

Bereits der Zweckartikel weist interessante Neuerungen auf: so soll der ETH-Bereich an der Debatte über Wissenschaft und Wissenschaftspolitik teilnehmen: Die Öffentlichkeitsarbeit gehört jetzt explizit zu den Aufgaben der Bundeshochschulen. Aufschlussreich ist auch, dass sich das Gesetz jetzt zur aktiven Rolle der Hochschulen bei der Wissensverwertung bekennt. Künftig kann sich die ETH direkt an Unternehmen beteiligen, welche von ihr entwickelte Technologien auf den Markt bringen. „An im eigentlichen Sinn unternehmerische Tätigkeit ist dabei nicht zu denken“, präzisiert Dieter Wüest. Vielmehr gehe es etwa um die Möglichkeit, Rechte an geistigem Eigentum abzutreten und im Gegenzug Firmenanteile zu übernehmen. Denkbar wird damit auch eine ETH-Beteiligung an Risikokapital-Gesellschaften, die hauptsächlich in junge High-Tech-Unternehmen investieren.

Der Hochschulsport und die Kinderbetreuung für Mitarbeitende: auch das sind Dinge, die zu pflegen und zu beachten die ETH nun gesetzlich verpflichtet ist. Uneins waren Stände- und Nationalrat bis zum Schluss der Beratungen darüber, ob die Berufsbildung an den ETH gesetzlich verankert werden müsse. Durchgesetzt hat sich die Meinung, dass das nicht nötig sei. „An den Anstrengungen, welche wir an der ETH in der Lehrlingsausbildung unternehmen, ändert sich nichts“, so Dieter Wüest dazu.


„Lex Wüthrich“

Problemlos über die Parlamentshürde kam am Ende auch die sogenannte „Lex Wüthrich“. Während der Ständerat das Gesetz behandelte, wurde bekannt, dass ETH-Professor Kurt Wüthrich den Nobelpreis erhält. Die auch in den Medien geführte lebhafte Diskussion über seinen bevorstehenden Wechsel nach Kalifornien hat dem Parlament den Anstoss gegeben, bei der Frage der Altersgrenze schnell zu reagieren (1). Die „Lex Wüthrich“ macht es nun definitiv möglich, dass herausragende Forscherinnen und Forscher über das Pensionsalter hinaus an der ETH arbeiten können. „Die Hochschulen sollen ihre Stars auch nach dem Pensionierungsalter behalten können“, meinte WBK-Präsident Peter Bieri.




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Heft in der Hand der ETH

Nicht nur der ETH-Bereich als Ganzes, auch die einzelnen Institutionen sollen mehr Bewegungsfreiheit erhalten. Im Klartext: die ETH-Führungen sowie die Direktionen der Forschungsanstalten bekommen die alleinige operative Verantwortung. Bisher hat der ETH-„Verwaltungsrat“ stets auch operativ gewirkt, etwa via die Mit-Lancierung von Forschungsprogrammen wie „Top Nano 21“. Künftig beschränkt sich die Funktion des Rates jedoch klar auf Strategisches und die Aufsichtsfunktion. Eine Folge davon ist, dass den ETH weitgehend freie Hand bei ihrer Organisationsform gewährt wird. Dazu gehört auch, dass die Hochschulen selbst die Pflichtenhefte ihrer Schulleitungsmitglieder festlegen können.

Schulpräsidenten im ETH-Rat

Der ETH-Rat wird an entscheidenden Stellen umgebaut: Die Funktion des Delegierten des ETH-Rates wird aufgehoben. Stattdessen wird es künftig einen vollamtlichen Präsidenten geben. Und neu sind im um zwei auf elf Mitglieder erweiterten ETH-Rat die beiden Schulpräsidenten und ein Direktor einer Forschungsanstalt vertreten. Absicht sei, damit die oft kritisierte ungenügende Einbindung der operativen Chefs der beiden ETH zu korrigieren, erklärte in den Beratungen Peter Bieri, Präsident der ständerätlichen Parlamentskommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Auch die Mitwirkung der Hochschulgruppen im ETH-Rat wird ausgebaut: eines der Mitglieder des ETH-Rates kann künftig durch die beiden Hochschulversammlungen vorgeschlagen werden.

Anstellung ersetzt Wahl

Unter die Aufgaben des ETH-Rats fällt in Zukunft auch die folgende: „Der ETH-Rat führt das strategische Controlling durch.“ Das heisst, der ETH-Rat wird überprüfen müssen, ob die für die Vier-Jahresperiode gesteckten Ziele erreicht wurden. „Bei der Art und Weise, wie dies durchgeführt wird, besteht noch viel Klärungsbedarf“, meint Dieter Wüest.

Eine weitere zentrale Neuerung betrifft das Dozentenrecht: die Wahl der Professoren wird durch eine unbefristete Anstellung mit Kündigungsmöglichkeit ersetzt - die endgültige Abkehr vom Beamtenstatus, wie sie sich beim Bund jetzt durchsetzt (2). Und was schon länger bekannt war: Sämtliche ETH-Angestellten, auch die Professorinnen und Professoren, werden in die „Publica“, die neue Pensionskasse des Bundes überführt.

Eine „Erfolgsstory“

Bei den von der ETH genutzten Grundstücken und Immobilien bleibt das laut Dieter Wüest „relativ schwierige System“ beibehalten. Der Bund bleibt Eigentümer der ETH-Liegenschaften. Gleichzeitig muss die ETH im Rahmen des ordentlichen Budgets die bestehenden Gebäude unterhalten und die nötigen Neubauten erstellen. Das hat auch Vorteile: „Wir zahlen zwar, aber wir bauen genau das, was wir brauchen“, hält Wüest fest und resümiert, dass dieser Gesetzgebungsprozess für die ETH „grundsätzlich eine Erfolgsstory“ sei; man habe fast alles Gewünschte verwirklichen können. Jetzt gehe es darum, die Philosophie des neuen ETH-Gesetzes auf die Verordnungsebene zu übertragen. Dieter Wüest:„Die Ausführungsbestimmungen sollen die Stossrichtung des revidierten Gesetzes wiedergeben - und sie nicht etwa wieder verwischen.“


Fussnoten:
(1) Siehe dazu den Artikel „Forschersterne sollen länger leuchten“ in ETH Life vom 12. November 2002: www.ethlife.ethz.ch/articles/news/wbkemeritierungethgesetz.html
(2) Vgl. hierzu den Artikel „Konstruktive Evaluationen“ in ETH Life vom 18. Dezember 2002: www.ethlife.ethz.ch/articles/tages/evalu.html



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